Arbeitsrechtliche Hinweise zur Corona-Pandemie
Die Welt und damit auch die „Arbeitsrechtswelt“ stehen vor ganz neuen Herausforderungen. Wir lernen nicht täglich, sondern stündlich dazu. Es gibt weit mehr Fragen als Antworten. Nachfolgend eine kurze Übersicht zu den aktuellen arbeitsrechtlichen Problemen mit den derzeitigen Lösungsansätzen, die jedoch durch Rechtsprechung (noch) nicht abgesichert sind. Abgesehen davon bedarf jeder Fall einer konkreten Betrachtung. Generalisierende Auskünfte haben nur Kompass-Funktion, können aber keine individuelle rechtliche Überprüfung ersetzen!
1. Sie möchten aus Angst vor Ansteckung auf dem Weg zur Arbeit nicht am Arbeitsplatz erscheinen
Viele ArbeitnehmerInnen fürchten derzeit eine Ansteckung auf dem Weg zur Arbeit und möchten deswegen nicht am Arbeitsplatz erscheinen, insbesondere, wenn sie auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind.
Das sogenannte Wegerisiko liegt jedoch beim Arbeitnehmer. Sie können wohl nur dann zu Hause bleiben, wenn mit der Anreise eine erhebliche Gefahr verbunden ist. Das wird derzeit unter Juristen (noch) weitgehend verneint, zumal der öffentliche Personennahverkehr einer strengen Kontrolle unterliegt und noch weitgehend funktioniert. Dort, wo er eingestellt ist oder eingestellt wird, wird man allerdings die Rechtslage genauer zu prüfen haben. Gibt es nämlich keine Alternative zu Bus oder Bahn, kann das eine abweichende Betrachtung erfordern. Besonders betroffen ist bereits der Flugverkehr. Die Lufthansa beispielsweise wird nur noch 5 % der Flüge durchführen.
2. Sie fürchten eine Ansteckung am Arbeitsplatz
Die gleichen Grundsätze gelten für die Anwesenheit am Arbeitsplatz selbst. Nur dann, wenn
- die Ausübung ihrer Tätigkeit mit einer objektiv erheblichen persönlichen Gefahr für Gesundheit und Leben verbunden ist und
- über das allgemeine Ansteckungsrisiko hinausgeht
besteht ein sog. Zurückbehaltungsrecht. Arbeitnehmer haben daher grundsätzlich nicht das Recht, aus Sorge vor Ansteckung dem Arbeitsplatz fernzubleiben. Erscheinen sie nicht, kann das sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen in Gestalt einer Ermahnung, Abmahnung oder gar einer Kündigung haben.
Ist zwischen den Arbeitsvertragsparteien das Arbeiten im Home-Office bzw. das mobile Arbeiten vertraglich vereinbart, muss man prüfen, ob die Regelungen dem Arbeitnehmer erlauben, eigenmächtig zu entscheiden, wann er von zu Hause aus tätig wird. Wenn eine Zustimmung des Arbeitgebers hinsichtlich des jeweiligen Einsatzes im Home-Office erforderlich ist, dürfte in einer Sondersituation, also etwa einer Epidemie/Pandemie, davon auszugehen sein, dass ein berechtigter Grund, die Zustimmung zu verweigern, nicht vorliegt. Ausnahmen sind natürlich denkbar, wenn die konkret anstehenden Arbeiten nicht von zu Hause aus erledigt werden können, sondern die Anwesenheit im Betrieb erforderlich ist.
3. Home-Office
Ist für das Arbeitsverhältnis in einer individualvertraglichen Regelung, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt, dass Arbeiten im Home-Office bzw. mobiles Arbeiten möglich ist, kann der Arbeitgeber Arbeitnehmer anweisen, ihre Tätigkeit für einen bestimmten Zeitraum im Home-Office zu erbringen.
Ohne eine entsprechende Vereinbarung hat der Arbeitgeber keinen Anspruch, dass ein Arbeitnehmer seine privaten Räume für die Einrichtung eines Home-Office oder zum mobilen Arbeiten zur Verfügung stellt. Daher kann er auch nicht gem. § 106 Satz 1 GewO einseitig die Arbeit von zu Hause aus anordnen. Umgekehrt kann der Arbeitnehmer aber auch keine Arbeit im Home-Office verlangen.
Unbenommen bleibt es den Arbeitsvertragsparteien freilich, jederzeit eine entsprechende Vereinbarung – auch befristet (!) zu treffen.
4. Freistellung des Arbeitnehmers
Fraglich ist, ob der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, bei dem er eine Infektionsgefahr sieht, einseitig freistellen kann. Ist eine Freistellungsmöglichkeit vertraglich nicht geregelt bzw. deckt sie nicht diesen Fall ab – wovon man bei den üblichen Freistellungsklauseln ausgehen muss – kann der Freistellung der Anspruch des Arbeitnehmers auf vertragsgemäße Beschäftigung entgegenstehen. Eine Freistellung ist nur dann einseitig möglich, wenn das Suspendierungsinteresse des Arbeitgebers das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt. Ein solches überwiegendes Interesse kann sich aus der Fürsorge- und Schutzpflicht (§ 241 Abs. 2, § 618 Abs. 1 BGB) des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern im Betrieb ergeben.
Liegt also eine konkrete Infektionsgefahr mit einer ansteckenden Krankheit wie dem Corona-Virus vor und kann die Annahme einer Gefahr z.B. damit begründet werden, dass sich der Arbeitnehmer in einer gefährdeten Region oder an Orten mit einem deutlich erhöhten Ansteckungsrisiko aufgehalten hat, überwiegt das Suspendierungsinteresse des Arbeitgebers das Interesse des Arbeitnehmers an der Beschäftigung.
5. Vergütungsanspruch bei Freistellung
Wird ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber freigestellt, behält er seinen Vergütungsanspruch (§ 615 Satz 1 BGB). Ob er verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung von zuhause aus zu erbringen, hängt von den getroffenen Vereinbarungen ab. Es kann aus den bereits dargestellten Gründennicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer, um den Vergütungsanspruch zu behalten, in jedem Fall verpflichtet ist, von zuhause aus zu arbeiten.
Kehrt ein Arbeitnehmer des Betriebs aus einer gefährdeten Region zurück und will seine Arbeit wieder aufnehmen, ist der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der aus § 241 Abs. 2 BGB folgenden Fürsorgepflicht und der diese konkretisierenden Schutzpflicht aus § 618 Abs. 1 BGB wohl verpflichtet, den Arbeitnehmer nach Hause zu schicken und aufzufordern, für 14 Tage – also die derzeit angenommene Inkubationszeit – nicht am Arbeitsplatz zu erscheinen (und, soweit vertraglich vorgesehen, ggf. die Tätigkeit von zuhause aus auszuüben), um eine mögliche Ansteckung anderer Arbeitnehmer zu verhindern.
Die freigestellten Rückkehrer behalten grds. ihren Vergütungsanspruch (§ 615 Satz 1 BGB). Dies ist ggf. anders zu beurteilen, wenn ein Arbeitnehmer in Kenntnis des Risikos eine private Reise in eine gefährdete Region unternimmt und damit letztlich die Quarantäne bewusst hervorruft.
Untersagen kann man einem Arbeitnehmer eine solche private Reise aber nicht. Ob man dem Vergütungsanspruch das ggf. rechtsmissbräuchliche Verhalten des Arbeitnehmers entgegenhalten kann, ist fraglich. Der Arbeitgeber stellt in einem Fall, in dem die Quarantäne des Arbeitnehmers nicht behördlich angeordnet wurde, den Arbeitnehmer von sich aus frei. Anlass hierfür ist die ihn gegenüber allen Arbeitnehmern im Betrieb treffende Schutzpflicht. Anders als im Rahmen der Entgeltfortzahlung – § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG – werden die Folgen des Annahmeverzugs aber nicht unter Berücksichtigung eines möglichen Verschuldens „korrigiert“. § 297 BGB steht dem Annahmeverzug des Arbeitgebers ebenfalls nicht entgegen, da der Arbeitnehmer nicht „außerstande ist, die Leistung zu bewirken“.
Häufig wird in diesen Fällen keine Erkrankung bestehen, sondern lediglich ein Verdacht.
Ein Entschädigungsanspruch des Arbeitsgebers kommt nur in Betracht, wenn die Quarantäne behördlich angeordnet oder ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wurde. Ob man die Möglichkeit hat, auf eine solche behördliche Quarantäne hinzuwirken, ist schon mit Blick auf die dann entstehenden Zahlungsverpflichtungen der öffentlichen Hand fraglich.
6. Dienstreisen
Arbeitnehmer können eine Dienstreise oder Entsendung in betroffene Gebiete grds. nicht verweigern. Erst wenn eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes, eine entsprechende Empfehlung der WHO oder des Robert-Koch-Instituts vorliegt, haben sie das Recht dazu.
Hält sich ein entsendeter Arbeitnehmer bereits im Ausland auf, kann bei bestehender Reisewarnung ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Zurückholung durch den Arbeitgeber bestehen.
7. Leistungshindernis Kinderbetreuung
Aktuell sind in ganz Deutschland die Schulen und Kindertagesstätten (Kita) geschlossen. Dies stellt Eltern als Arbeitnehmer vor die Frage, wie das Spannungsverhältnis zwischen der erforderlichen Kinderbetreuung und der Arbeitspflicht aufzulösen ist. Hier hat man wie folgt zu unterscheiden.
Ist das Kind selbst erkrankt, hat der Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB, wenn ihm die Leistungserbringung unter Abwägung der beiderseitigen Interessenlage nicht zumutbar ist. Dies wird regelmäßig dann angenommen, wenn der Arbeitnehmer sein erkranktes Kind zu betreuen hat. Insoweit kann sich der Arbeitnehmer auf die aus Art. 6 Abs. 2 GG folgende Elternpflicht berufen.
Ob ein solches Leistungsverweigerungsrecht auch besteht, wenn das Kind nicht krank ist, aber Schule oder Kita geschlossen sind und das Kind daher der Betreuung bedarf, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Zu fragen ist, ob
- tatsächlich ein Betreuungsbedarf besteht und
- eine persönliche Betreuung des Kindes durch den Arbeitnehmer während der Arbeitszeit unbedingt erforderlich ist.
Hierbei spielt das Alter des Kindes eine maßgebliche Rolle. Insoweit könnte die in § 45 SGB V geregelte Altersgrenze (zwölf Jahre), die für den Fall des erkrankten Kindes gilt, zumindest als Anhaltspunkt dienen. Im Vergleich zum Pflegebedarf erkrankter Kinder ist der persönliche Betreuungsbedarf gesunder Kinder weniger umfassend, so dass die Altersgrenze, ab der Kinder allein in der Wohnung gelassen werden können, auch unter zwölf Jahren liegen kann.
Ob der Arbeitnehmer in diesem Fall auch seinen Vergütungsanspruch behält, ist allerdings davon gesondert in einem zweiten Schritt zu bewerten.
Bei erkrankten Kindern kann sich der Arbeitnehmer nicht nur auf § 275 Abs. 3 BGB, sondern auch auf § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB V berufen und gegebenenfalls einen Vergütungsanspruch haben.
Ob darüber hinaus Ansprüche bestehen, ist zweifelhaft. Womöglich hilft § 616 BGB, sofern er nicht arbeitsvertraglich ausgeschlossen bzw. abbedungen ist. Hiernach verliert seinen Anspruch auf Vergütung nicht, wer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung gehindert ist.
Manche nehmen an, man werde § 616 BGB auch auf Fälle übertragen müssen, in denen ein unvorhersehbarer Ausfall der Kinderbetreuung oder der Schule den Betreuungsbedarf auslöst, denn der in der Person des Arbeitnehmers liegende Verhinderungsgrund sei der Betreuungsbedarf, nicht dessen Ursache oder Anlass.
Allerdings ist das eher zweifelhaft. Gefordert wird nämlich ein persönliches Leistungshindernis. Nicht unter § 616 BGB fällt hingegen nämlich ein objektives Leistungshindernis. Das liegt dann vor, wenn es sich um ein Ereignis handelt, das mit der Person des Arbeitnehmers oder der Sphäre des Arbeitgebers nichts zu tun hat, sondern jeden anderen ebenso treffen kann (z.B. besondere Wetterlagen, Smogalarm, Ausfall öffentlicher Verkehrsmittel) und allgemein der Erbringung der Arbeitsleistung entgegensteht. Bestehen die objektiven Leistungshindernisse zur selben Zeit für eine Vielzahl von Arbeitnehmern gleichzeitig, so kommt § 616 Satz 1 BGB zugunsten der Arbeitnehmer nicht zur Anwendung.
Die derzeit flächendeckenden Schließungen von Schulen und Kitas dürften sich als ein solches objektives Leistungshindernis darstellen, so dass § 616 BGB keine Anwendung findet.
Ungeachtet dessen „hielte“ der Anspruch auch nur eine „nicht erhebliche Zeit“ i.S.v. § 616 BGB, wobei aktuell fünf bis zehn Tage diskutiert werden. Außerdem muss der Arbeitnehmer alles seinerseits Mögliche tun, um die Abwesenheit vom Arbeitsplatz möglichst gering zu halten.
Eine Betreuung durch die Großeltern scheidet freilich aus, misst man der Rede der Kanzlerin auch juristische Bedeutung bei.
8. Erkrankung des Arbeitnehmers
Ist der Arbeitnehmer selbst arbeitsunfähig erkrankt, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG.
Ein Ausschluss dieses Anspruchs kommt aber in Betracht, wenn der Arbeitnehmer die Erkrankung „verschuldet“ hat.
Erforderlich ist ein Verhalten des Arbeitnehmers, das einen erheblichen Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen darstellt („Verschulden gegen sich selbst“). Bereist bzw. besucht ein Arbeitnehmer privat ein Land oder ein Gebiet trotz einer hierfür vorliegenden Reisewarnung und infiziert er sich dort, hat er die Erkrankung mit der Folge verschuldet hat, dass kein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht. Das wird vielfeach wenig beachtet. Hinsichtlich der Nachweiskette ist freilich manches unscharf oder unklar.
9. Behördliche Maßnahmen gegenüber dem Arbeitnehmer
Im Fall einer Pandemie kann die zuständige Behörde Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) treffen. Wesentlich sind dabei die Quarantäne sowie das berufliche Tätigkeitsverbot (§§ 30, 31 IfSG).
Ein Arbeitnehmer, für den die zuständige Behörde die Quarantäne (Absonderung) anordnet oder für den ein behördliches Beschäftigungsverbot besteht und der hierdurch einen Verdienstausfall erleidet, hat einen Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 IfSG. Dieser Anspruch besteht für einen Zeitraum von sechs Wochen in Höhe des Verdienstausfalls (§ 56 Abs. 2 Satz 1 IfSG).
Ab der siebten Woche wird die Entschädigung in Höhe des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 SGB V gewährt, das auch die gesetzliche Krankenkasse zahlen würde. Das sind 70 % des Bruttogehalts, aber nicht mehr als 90 % des Nettogehalts. Darüber hinaus ist die Summe auf 109,38 € pro Tag gedeckelt.
§ 56 Abs. 5 IfSG verpflichtet den Arbeitgeber, für die ersten sechs Wochen die Entschädigung anstelle der zuständigen Behörde auszuzahlen. Er hat dann gegen die Behörde einen Erstattungsanspruch.
Voraussetzung für einen solchen Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers ist freilich, dass der Arbeitnehmer auch tatsächlich einen Entgeltausfall erleidet. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber aus anderen Gründen zur Fortzahlung des Entgelts verpflichtet ist.
Im Fall der Erkrankung des Arbeitnehmers kann der gesetzliche Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 EFZG mit dem Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 IfSG kollidieren. Die sogenannte „herrschende Meinung“ geht davon aus, dass das infektionsrechtliche Beschäftigungsverbot der vorrangige Hinderungsgrund ist, die Erkrankung also nicht monokausal für den Ausfall der Arbeitsleistung ist, so dass die Entschädigungsleistung nach § 56 IfSG zu erbringen ist. 24
10. Informationspflichten des Arbeitnehmers
Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihren Arbeitgeber über einen Kontakt mit einer mit dem Corona-Virus infizierten Person oder einer Person, bei der ein solcher Verdacht besteht, zu informieren. Dies folgt aus der arbeitsvertraglichen Treuepflicht. Kontaktpersonen werden in drei Risikokategorien unterteilt. Im Regelfall ordnet das zuständige Gesundheitsamt für Kontaktpersonen die häusliche Quarantäne für die maximale Dauer der Inkubationszeit (14 Tage) an.
Da sich die Risikogebiete inzwischen über den asiatischen Raum hinaus insb. auf viele europäische Länder erweitert haben, werden Arbeitgeber vom urlaubenden Arbeitnehmer wissen wollen, wo sie waren. Ob dies i.S.v. § 26 BDSG zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist, ist fraglich. Die Ausbreitung des Corona-Virus lässt die Frage nach den Reisezielen sachgerecht erscheinen. Hilfreich wäre es, die Frage an den Arbeitnehmer mit der Einholung seiner Einwilligung nach § 26 Abs. 2 BDSG zu verbinden. Da man Arbeitnehmer vor dem Hintergrund der Treuepflicht für verpflichtet halten muss, den Arbeitgeber über eine mögliche Infektionsgefahr aufzuklären, muss er den Arbeitgeber auch von sich aus über Reisen in Risikogebiete informieren. Auskunft über den genauen Aufenthaltsort ist dabei nicht erforderlich, es genügt die Angabe „Risikogebiet“.
Alternativ können Arbeitgeber vor der Rückkehr in den Betrieb vom betroffenen Mitarbeiter auch eine formlose ärztliche Bestätigung verlangen, dass keine Infektionskrankheit vorliegt.
Gibt es unter Berücksichtigung des Reiseziels (insbesondere bei Vorliegen einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes) Anzeichen für eine konkrete Infektionsgefahr, wird man den Arbeitgeber auch für berechtigt halten müssen, eine ärztliche Untersuchung eines zurückgekehrten Mitarbeiters zu verlangen.
Einer Verpflichtung zur Teilnahme an flächendeckenden Fieber-Tests in einem Betrieb dürfte im Regelfall das Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers entgegenstehen. Anders kann das zu beurteilen sein, wenn die Infektionsgefahr konkret ist, z.B. die erste Infizierung im Betrieb aufgetreten ist. Überdies wäre insoweit auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats – soweit vorhanden – zu berücksichtigen.
11. Präventive Maßnahmen des Arbeitgebers
Die arbeitsrechtlichen Schutzpflichten, insbesondere die Pflicht zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer, sollten jeden Arbeitgeber bereits zu präventiven Maßnahmen veranlassen. Hierzu gehören z.B. die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln im Betrieb sowie die Aufklärung über Hygienestandards und die deutliche Aufforderung an die Arbeitnehmer, diese einzuhalten.
Es kann durchaus Sinn machen, einen Pandemieplan aufzustellen, jedenfalls dann, wenn sich mit dem Betriebsrat, dessen Mitbestimmungsrechte jedenfalls in Teilen betroffen sein werden, schnell eine Einigung hierzu finden lässt. Durchaus zweckmäßige Maßnahmen, die Teil eines solchen Pandemieplans sein könnten, sind z.B.:
- Hygiene-Regeln,
- Verhaltensregelungen,
- Überstundenanordnung,
- Abbau von Zeitguthaben oder
- die Zuweisung anderer als vertraglich vereinbarter Tätigkeiten.
Diese Maßnahmen unterfallen in jedem Fall der Mitbestimmung des Betriebsrats bzw. sind bereits in bestehenden Betriebsvereinbarungen geregelt, so dass für die Zeit der Epidemie abweichende oder ergänzende Regelungen getroffen werden müssten.
Neben den üblichen Hygiene-Maßnahmen könnte z.B. auch geregelt werden,
- welche Prozesse in Lauf gesetzt werden, wenn es in der Belegschaft zu infektiösen Erkrankungen kommt. und
- welche kritischen Funktionen besetzt sein müssen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten,
- wer die Koordination aller Beteiligten übernimmt u.Ä.
12. Präventive Maßnahmen des Arbeitnehmers
Erste Gerichte hatten sich bereits mit von Arbeitnehmern selbst vorgenommenen Präventivmaßnahmen zu beschäftigen. Dabei ging es um Tragen eines Mundschutzes und von Handschuhen durch Arbeitnehmer von Duty-Free-Shops am Flughafen insbesondere während der Ankunft von Flügen aus China. Der Arbeitgeber hatte dies verboten, der Betriebsrat ein Verfahren angestrengt. Zu einer Entscheidung in der Sache zum Bestehen eines Mitbestimmungsrechts bzw. einer Duldungspflicht ist es nicht gekommen. Nachdem der Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt hatte, die Arbeitnehmer könnten bei der Arbeit Mundschutz und Handschuhe tragen, falls sie dies wollten, hat der Betriebsrat das Verfahren für erledigt erklärt (ArbG Berlin – 55 BV Ga 2341/20, n.v.; LAG Berlin-Brandenburg PM 12/20 v. 4.3.2020).
In jedem Einzelfall wird man eine Abwägung zwischen dem Schutzinteresse des Arbeitnehmers und dem Interesse des Arbeitgebers z.B. an einem bestimmten Erscheinungsbild seiner Arbeitnehmer gegenüber Kunden vornehmen müssen. In den Flughafen-Fällen wird man mit Blick auf den unmittelbaren Kontakt mit vielen Personen aus verschiedenen Ländern davon ausgehen müssen, dass Schutzmaßnahmen der Arbeitnehmer zu dulden sind. Gleiches gilt für das medizinische Personal, soweit die Schutzmaßnahmen dort nicht ohnehin schon gelten.
13. Urlaub, Arbeitszeit und Überstunden
Das Risiko, den Arbeitnehmer nicht beschäftigen zu können, trägt grds. der Arbeitgeber. Der Arbeitgeber darf den Zeitpunkt der Urlaubsgewährung nicht beliebig allein festlegen, sondern ist an die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer gebunden. Nur wenn kein entsprechender Wunsch geäußert würde und der Arbeitgeber dann den Zeitraum des Urlaubs festlegt und der Arbeitnehmer dies akzeptiert, ist der Urlaub gewährt und erfüllt. Noch deutlich komplexer ist der Abbau von Zeitguthaben. Dieser ist zumeist in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen konkret geregelt.
Gegebenenfalls sollte der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat in Verhandlungen treten und notfalls auch die Einigungsstelle anrufen und versuchen, darüber eine passable Vereinbarung zu erzwingen.
14. Arbeitszeit
Bei Arbeitszeitfragen rückt jetzt § 14 ArbZG klar in den Fokus. Gemäß § 14 Abs. 1 ArbZG darf von den §§ 3 bis 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 9 bis 11 ArbZG, also von der täglichen Höchstarbeitszeit, der Ruhezeit, den Pausenvorschriften und dem Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit abgewichen werden bei vorübergehenden Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen.
Eine Reihe von Aufsichtsbehörden haben bereits hierzu sogenannte Allgemeinverfügungen im Rahmen des § 15 Abs. 2 ArbZG (Abweichungen im dringenden öffentlichen Interesse) erlassen. Diese betreffen allerdings, soweit ersichtlich, bislang nur Arbeiten im Zusammenhang mit der Produktion bzw. Erbringung pandemierelevanter Güter und Dienstleistungen.
Bei der gegenwärtigen Corona-Pandemie liegt ohne Zweifel ein „Notfall“ im Sinne der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen vor. Es handelt sich um ein Ereignis höherer Gewalt, das die Gefahr erheblicher Gesundheitsbeeinträchtigungen und sogar von Todesfällen birgt. Das Notfall- bzw. Notstandsszenario wird auch dadurch deutlich, dass flächendeckend einschneidende ordnungsbehördliche Maßnahmen („shut down“ weiter Teile des öffentlichen Lebens) zur Krisenbewältigung erlassen worden sind. Die Möglichkeit der Abweichung von arbeitszeitgesetzlichen Bestimmungen zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie ist damit grundsätzlich gegeben.
Mögliche Anlässe für Abweichungen von den Arbeitszeitbestimmungen sind z.B. Vorsorgemaßnahmen zur Prävention der Verbreitung des Corona-Virus (Verringerung der Zahl der durch den Betriebsablauf veranlassten personellen Kontakte zwischen Mitarbeitern, Mitarbeitern und Kunden/Besuchern oder zwischen Kunden/Besuchern); – Maßnahmen zur Sicherstellung des Betriebsablaufs zur Verhinderung technischer oder wirtschaftlicher Schäden oder zur Gewährleistung wichtiger Infrastruktur bei eingeschränkter Verfügbarkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgrund von Kinderbetreuung, förmlichen Quarantänemaßnahmen oder Vorsorgemaßnahmen in Verdachtsfällen oder Erkrankungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgrund von Infektionen. Soweit keine konkreten Schäden drohen, muss der Arbeitgeber gegebenenfalls Einschränkungen des Betriebsumfangs hinnehmen.
Die Abweichungen sind bereits per Gesetz erlaubt, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Man benötigt also keine behördliche Genehmigung.
Weder das Arbeitszeitgesetz noch die Aufsichtsbehörden legen Grenzen für die Abweichungen fest.
Die Corona-Pandemie befreit den Arbeitgeber freilich nicht von seiner Fürsorgepflicht (§ 618 BGB) und seiner Verpflichtung zur Festlegung angemessener Gesundheitsschutzmaßnahmen (§ 3 ArbSchG). Dabei sind die Gefahren und Belastungen jeweils individuell und situationsbezogen zu bewerten.
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht grundsätzlich auch in Eilfällen, nicht jedoch in Notfällen. Die gegenwärtige Corona-Pandemie kann zwar als „Notfall“ in diesem Sinne gelten, jedoch ist das kein Freibrief für mitbestimmungsfreie Maßnahmen. Nur dann, wenn ausnahmsweise der Betriebsrat nicht erreichbar ist und die Maßnahme wirklich „keine Sekunde Zeit hat“, um eine (lebensbedrohliche) Gefahr abzuwenden, ist die Mitbestimmung suspendiert. Das wird mit zunehmender Zeit kaum mehr praxisrelevant sein, denn der Arbeitgeber kann mit dem Betriebsrat vorsorgende Vereinbarungen treffen, beispielsweise über präventives Fiebermessen etc.
15. Anordnung von Überstunden
Man wird den Arbeitgeber für berechtigt halten müssen, Überstunden anzuordnen. Arbeitnehmer werden, wenn dies der Aufrechterhaltung des Betriebs dient, schon mit Rücksicht auf ihre Treupflicht verpflichtet sein, dieser Anordnung Folge zu leisten. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats – soweit vorhanden – ist in jedem Fall zu wahren.
16. Zuweisung anderer Tätigkeiten
Der Arbeitgeber kann – soweit zur Erledigung der Aufgaben erforderlich – außerdem prüfen, ob er gesunden Arbeitnehmern vorübergehend eine andere als die vertraglich vereinbarte Tätigkeit zuweisen darf. Dies hängt von den arbeitsvertraglichen Regelungen, insbesondere zum Direktionsrecht ab. Auch in Sondersituationen wie einer Pandemie muss dessen Reichweite in jedem Einzelfall geprüft werden.
17. Einschränkung/Schließung durch den Arbeitgeber
Entscheidet sich der Arbeitgeber selbst, als Folge der Corona-Pandemie den Betrieb ganz oder teilweise einzustellen, bleiben die Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer des Betriebs bestehen. Dies ist der klassische Fall der Betriebsrisikolehre. Der Arbeitgeber trägt danach das Risiko des Arbeitsausfalls gem. § 615 Satz 3 BGB, wenn er selbst den Betrieb aus Gründen, die in seinem betrieblichen oder wirtschaftlichen Verantwortungsbereich liegen, einschränkt oder stilllegt. Die Einschränkung oder Schließung des Betriebs kann sich z.B. daraus ergeben, dass dem Betrieb Vorprodukte oder Waren von Zulieferern fehlen, weil diese wegen der pandemiebedingten Einschränkungen nicht produziert oder nicht geliefert werden können. Denkbar ist auch, dass so viele Arbeitnehmer krank oder in Quarantäne sind, dass der Betrieb nicht aufrechterhalten werden kann.
18. Behördliche Schließung des Betriebs
Den Fall, dass der Betrieb durch die zuständige Behörde geschlossen wird, weil im gesamten Betrieb oder für Gruppen von Arbeitnehmern ein Infektionsrisiko besteht (§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG), wird man wie die Betriebsrisikofälle behandeln müssen. Das Bundesarbeitsministerium hat am 26.2.2020 auf eine Anfrage der Presse mitgeteilt, dass der Arbeitgeber dann, wenn ein Betrieb im Rahmen von Vorsichtsmaßnahmen wegen des neuartigen Corona-Virus durch behördliche Anweisungen geschlossen werde, seinen Beschäftigten gleichwohl im Regelfall das Gehalt weiterzahlen müsse. Der Arbeitgeber trage hier das Betriebsrisiko. Hält man sich die von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen der Verteilung des Betriebsrisikos vor Augen, so wird es auch in Fällen der Schließung des Betriebs durch eine Behörde darauf ankommen, ob das Verbot durch die besondere Art des Betriebs bedingt wird, was z.B. für Sicherheitsmaßnahmen am Flughafenund bei der Schließung aufgrund bankaufsichtsrechtlicher Maßnahmenangenommen worden ist.
In einem Pandemie-Fall sprechen gute Gründe dafür, dass die Schließung des Betriebs nicht in diesem selbst angelegt ist. Es geht vielmehr wie z.B. auch bei Erdbeben, Überschwemmungen, Bränden, Unglücksfällen sowie extremen Witterungsverhältnissen um allgemeine Gefahren, die sich für den Arbeitgeber als „höhere Gewalt“ darstellen.
In jedem Fall ist die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach § 56 IfSG durch Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer im Auge zu behalten.
19. Kurzarbeit
Die Bundesagentur für Arbeit hat darauf hingewiesen, dass ein aufgrund oder infolge des Corona-Virus und/oder der damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen eingetretener Arbeitsausfall im Regelfall auf einem „unabwendbaren Ereignis“ oder auf „wirtschaftlichen Gründen“ i.S.v. § 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III beruht und daher Kurzarbeitergeld bei vorübergehendem Arbeitsausfall zu gewähren ist. Beispielhaft wird die Situation genannt, dass „aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen wird“.
Die Kurzarbeit muss der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt und ein entsprechender Antrag gestellt werden.
Bundestag und Bundesrat haben am 13.3.2020 das „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ beschlossen. Dieses ermächtigt die Bundesregierung für den Fall außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt, bis zum 31.12.2021 die bisherigen Vorgaben zum Bezug von Kurzarbeitergeld insoweit zu ändern, als
- abweichend von § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III der Anteil der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vom Entgeltausfall betroffen sein müssen, auf bis zu 10 % herabgesetzt werden kann (die Schwelle liegt bisher bei einem Drittel),
- abweichend von § 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 SGB III auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden zur Vermeidung von Kurzarbeit vollständig oder teilweise verzichtet werden kann (das geltende Recht verlangt, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen bestehen, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt und ins Minus gefahren werden),
- eine vollständige oder teilweise Erstattung der von den Arbeitgebern allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, eingeführt werden kann.
Darüber hinaus sollen auch Leiharbeitnehmer künftig Kurzarbeitergeld beziehen können sowie betroffene Unternehmen finanzielle Unterstützung durch Liquiditätshilfen erhalten.
Wichtig ist, dass für Kurzarbeit eine Ermächtigungsgrundlage im Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag besteht. Ist das – wie vielfach – nicht der Fall, ist eine solche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer schriftlich zu treffen. Andernfalls läuft man u.U. Gefahr, das Kurzarbeitergeld zurückzahlen zu müssen.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass das Kurzarbeitergeld, soweit nicht die Vereinbarung mit einem Betriebsrat Zuschüsse des Arbeitgebers vorsieht, hinter dem Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 2, 3 IfSG zurückbleibt. Erhält der Arbeitnehmer wegen eines behördlichen Beschäftigungsverbots eine Entschädigungsleistung nach § 56 IfSG und wird ihm zugleich Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld gewährt, geht der Entschädigungsanspruch auf die Bundesagentur für Arbeit über (§ 56 Abs. 9 IfSG).
Freizeitguthaben und Urlaub sind vorrangig zu gewähren.
20. Datenschutz
Die Verpflichtung des Arbeitgebers, im Betrieb darüber zu informieren, dass ein Arbeitnehmer des Betriebs erkrankt bzw. infiziert ist bzw. aus einem Risikogebiet in den Betrieb zurückkehrt, steht in direktem Konflikt mit datenschutzrechtlichen Vorgaben. Den Namen des Erkrankten bzw. Infizierten wird er hierfür aber nicht nennen müssen. Die Berechtigung des Arbeitgebers zur Preisgabe personenbezogener Daten wird man insoweit § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG und § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG entnehmen können.
Eigentliche Gesundheitsdaten wie ärztliche Diagnosen oder Erkrankungssymptome sind als besondere Kategorie personenbezogener Daten besonders geschützt (§ 26 Abs. 3 BDSG). Die Verarbeitung solcher Daten wäre nur dann zulässig, wenn dies zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht erforderlich ist und zudem das Verarbeitungsinteresse des Arbeitgebers das schutzwürdige Interesse des Arbeitnehmers an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Denkbar ist, insoweit das Interesse des Arbeitgebers auf seine Schutzpflichten gegenüber den Arbeitnehmern des Betriebs zu stützen. Voraussetzung wäre aber, dass es einen begründeten Anlass für die Frage gibt, also z.B. eine bereits vorliegende Erkrankung oder eine erhöhte Infektionsgefahr. Vorsorglich sollte man eine Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer einholen.
21. Entwurf einer Betriebsvereinbarung
Nachstehend ein Beispiel einer Betriebsvereinbarung auch auf Grundlage des Gesetzes zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 13. März 2020, Bundesgesetzblatt Teil I G 5702 Nr. 12[1]. Die zur Umsetzung notwendige Rechtsverordnung der Bundesregierung war am 19. März 2020 noch nicht erlassen. Das ist aber nur eine Frage der Zeit.
22. Vorläufiges Schlusswort
Die vorliegende Darstellung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat, zeigt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Zeiten wie diesen mit vielfältigen Fragen konfrontiert sind. Vermutlich wird sich dies auch noch ausweiten, sollte tatsächlich „Corona“ ein Ausmaß erreichen, das zum „Shut Down“ des gesellschaftlichen Lebens zwingt.
Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Ihre Anwaltskanzlei Dr. Meyer Fachanwälte
[1] https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Meldungen/2020/kurzarbeit-wird-erleichtert-gesetzentwurf-de-bundestags.pdf?__blob=publicationFile&v=5
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