Sozialrecht für Arbeitsrechtler
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Sozialrecht
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Sozialgesetzbuch (SGB I) – Allgemeiner Teil – |
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Sozialgesetzbuch (SGB II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – |
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Sozialgesetzbuch (SGB III) – Arbeitsförderung – |
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Sozialgesetzbuch (SGB IV) – Gemeinsame Vorschriften für die |
Sozialversicherung – | ||
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Sozialgesetzbuch (SGB V) – Gesetzliche Krankenversicherung – |
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Sozialgesetzbuch (SGB VI) – Gesetzliche Rentenversicherung – |
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Sozialgesetzbuch (SGB VII) – Gesetzliche Unfallversicherung – |
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Sozialgesetzbuch (SGB VIII) – Kinder- und Jugendhilferecht – |
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Sozialgesetzbuch (SGB IX) – Recht der Rehabilitation und Teilhabe behinderter |
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Menschen – |
- 10. Sozialgesetzbuch (SGB X) – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz –
- 11. Sozialgesetzbuch (SGB XI) – Soziale Pflegeversicherung –
- 12. Sozialgerichtliches Verfahren (SGG)
§ 68 SGB I
15. der Erste Abschnitt des Bundeserziehungsgeldgesetzes,
15a. der erste Abschnitt des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes,
Grundregel
Verbindliche Auskünfte zu einzelnen Rechtsfragen durch Anfrage
beim jeweiligen Versicherungsträger einholen.
SGB I
§ 14 Beratungspflicht
§ 42 Vorschüsse
SGB X
– Untersuchungsgrundsatz § 20
– Akteneinsicht § 25
– Antrag auf Rücknahme des VA auch nach Fristablauf § 44
SGB III
Arbeitslosenversicherung
Siehe die neuen §§ im Skript und die
Gegenüberstellung in Gagel
Beginn der Versicherungspflicht
Die Versicherungspflicht tritt regelmäßig kraft Gesetzes ein und
ist unabhängig von der Erstattung von Meldungen und /oder
einer Beitragszahlung. Das folgt für das SGB III aus §§ 24, 25.
Entscheidend ist nur der tatsächliche Eintritt in das
Beschäftigungsverhältnis im beitragsrechtlichen Sinne.
Arbeitslosenversicherungsschutz beginnt als am ersten Tag der
Beschäftigung oder, sobald Leistungsbereitschaft des
Arbeitnehmers und Direktionsbefugnis des Arbeitgebers
vorliegen (Brand in Niesel/Brand , SGB III, 5. Aufl. 2010 § 24 Rn.
7).
Arbeitslosenversicherung ≠ Arbeitslosengeld
Arbeitslosenversicherung ist nicht zu verwechseln mit dem
Anspruch auf Arbeitslosengeld.
§ 3 SGB III unterscheidet in Abs. 3 Leistungen der aktiven
Arbeitsförderung (z.B. Wintergeld, Kurzarbeitergeld,
Weiterbildungskosten, Transfermaßnahmen, Arbeitslosengeld
bei beruflicher Weiterbildung) und Entgeltersatzleistungen in
Abs. 4 (Arbeitslosengeld, Insolvenzgeld).
§§ 12 – 21 SGB III definieren die Berechtigten der Leistungen
Arbeitslosengeld
Anspruchskette:
§ 136: Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer
- 1. arbeitslos ist,
- sich arbeitslos gemeldet hat,
- die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
§ 138: Arbeitslos ist, wer
- Beschäftigungslos ist,
- sich um Beendigung von 1. bemüht,
- Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur zur Verfügung
steht.
Beschäftigungsverhältnis
grundlegend
Wird in den einzelnen Büchern des SGB unterschiedlich
gesehen bzw. ist nicht einheitlich bestimmbar.
„Grundnorm“: ß 7 SGB IV:
Arbeitsverhältnis und
Beschäftigungsverhältnis sind nicht
zwangsläufig deckungsgleich.
Beitragsrechtliches Beschäftigungsverhältnis
Entspricht dem Arbeitsverhältnis bzw. „lehnt sich enger an den arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitsverhältnisses an“ (Brand § 25 Rn. 4).
Problem: Die alte Diskussion von 2005 (beendet durch die Entscheidungen des BSG vom 24.9.2008) hat sich wieder neu entzündet, und zwar an der Neuregelung von § 7 Abs. 1 a SGB IV. Es bleibt aber (wohl) dabei: unwiderrufliche Freistellungen im üblichen Rahmen führen nicht zu einer Beendigung des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses (Schmidt, Sozialversicherungsrecht in der arbeitsrechtlichen Praxis, 2. Aufl. 2013 Rn. 124 – 126; Rolfs/Witschen NZS 2012, 241; NZA 201, 881; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 571; ErfK/Rolfs § 7 SGB IV Rn. 31). Als außergewöhnlich lang ist in diesem Zusammenhang ein Zeitraum von mehr als 10 Jahren anzusehen.
Nur in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht kein Versicherungsschutz (Schmitt Fn. 227).
Konsequenz
Die Voraussetzungen treten kraft Gesetzes ein; niemand muss eine Meldung abgeben oder Beiträge oder Lohn entrichten.
Ausnahme: Statusverfahren nach § 7a Abs. 6 SGB IV, nur mit Zustimmung des Beschäftigten möglich.
So besteht beispielsweise in der Krankenversicherung Versicherungsschutz auch dann, wenn der Arbeitnehmer am ersten Tag des Arbeitsverhältnisses wegen Krankheit nicht erscheinen kann, also noch keine tatsächliche Beschäftigung erfolgt ist, aber bereits ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde.
Anspruch auf Insolvenzgeld (§ 165 SGB III) haben Arbeitnehmer, die im Inland beschäftigt waren. On Beiträge entrichtet wurden, spielt keine Rolle.
Konsequenz bei der Vertretung
„freier Mitarbeiter“?
Arbeitslos melden
Weitere Konsequenz:
Wer nicht (mehr) beschäftigungslos ist, kann nicht (mehr) arbeitslos sein. Deswegen
fallen bei Arbeitsaufnahme die Anspruchsvoraussetzungen (§ 138 Abs. 1 Ziff. 1 „von
Gesetzes wegen“ weg, es kommt zu Aufhebungs- oder Erstattungsbescheiden (§ 330
SGB III; §§ 44, 45 SGB X).
§ 138 Abs. 3 SGB III stellt klar, dass auch eine selbständige Tätigkeit
Beschäftigungslosigkeit ausschließt.
… arbeitslos ist, wer
… sich bemüht, die Beschäftigungslosigkeit zu beenden (§ 138 Abs. 1 Ziff. 2 SGB III).
Die Arbeitsagentur muss den Arbeitslosen konkret darauf hinweisen, welche
Eigenbemühungen von ihm im Rahmen des zumutbaren (§ 140 SGB III) erwartet
werden (hohe Anforderungen).
Rechtsfolge: Nicht Wegfall der Voraussetzungen für Arbeitslosigkeit und Aufhebung
bzw. Zurücknahme der Bewilligung (§§ 45, 48 SGB X), sondern eine Sperre gem. § 159
Abs. 1 S. 2 Ziff. 3 SGB III (umstr.; siehe Hassel in HB FA Sozialrecht 3. Aufl. 2012 Kap. 5
Rn. 19).
… verfügbar ist
… § 138 Abs. 3 SGB III definiert die einzelnen Voraussetzungen,
wobei nur zumutbare Beschäftigungen § 140 SGB III in Betracht
kommen.
Wiederum sieht § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB III eine Sperre als
Sanktion vor.
… keine Verfügbarkeit erforderlich
bei Arbeitsunfähigkeit gem. § 145 SGB III (=Nahtlosigkeitsregelung).
Arbeitslosigkeit und Krankheit
3. Sachverhalte
1. Krankheit im Arbeitsverhältnis
Erläuterungen
- Krankengeld ruht während der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, die den Anspruch verkürzt (§ 48 abs. 3 S. 1 SGB V)
- Arbeitslosengeld ruht während des Krankengeldbezugs § 156 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 SGB III
- Krankengeld verkürzt nicht das Arbeitslosengeld
- Krankengeld ist versicherungspflichtig und kann deswegen Arbeitslosengeldanwartschaften begründen
Feststellung der Krankheit
BSG: Urteil vom 10.05.2012 – B 1 KR 19/11 R, BeckRS 2012, 72145
Um die Mitgliedschaft versicherungspflichtig
Beschäftigter in der gesetzlichen
Krankenversicherung zu erhalten, genügt es,
dass sie mit Ablauf des letzten Tages ihrer
Beschäftigung alle Voraussetzungen dafür
erfüllen, dass mit dem zeitgleichen Beginn des
nächsten Tags ein Anspruch auf Krankengeld
entsteht.
2. Nach Beendigung des
Arbeitsverhältnisses vor
Arbeitslosigkeit
- 1. Krankengeld nur bei Nachversicherung für 1 Monat § 19 Abs. 2 SGB V
- Arbeitslosengeld nur nach § 145 SGB III bei Dauererkrankung
Konsequenz:
Erst zum Arzt, dann arbeitslos
melden
3. Krankenversicherungsschutz
während der Arbeitslosigkeit
Krankenversichert?
§ 5 SGB V Versicherungspflicht
(1) Versicherungspflichtig sind
2.Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld oder
Unterhaltsgeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur
deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch ab Beginn des
zweiten Monats bis zur zwölften Woche einer Sperrzeit
(§ 159 des Dritten Buches) oder ab Beginn des zweiten
Monats wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des
Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die
Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat,
rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert
oder zurückgezahlt worden ist,
Krankenarbeitslosengeld?
Krankengeld?
3. Während Arbeitslosigkeit
1. § 146 SGB III Leistungsfortzahlung für sechs Wochen
Sog. Krankenarbeitslosengeld
Verhindert Wechsel des Sozialleistungsträgers
Danach Krankengeld gem. § 47b SGB V
Entspricht der Höhe des Arbeitslosengeldes
Ruht während einer Sperre § 49 Abs. 1 Ziff. 3a
SGB V
Krankengeldbezug wird nicht auf Arbeitslosengeld angerechnet!
BSG 22.3.2005 B 1 KR 22/04
Hornig in HB FA Sozialrecht Kap. 6 Rn. 272
Beim Ruhen?
Anspruch ruht u.a. bei einer Sperre wegen
Arbeitsaufgabe, Urlaubsabgeltung und
Entlassungsentschädigung wegen
Verkürzung der Kündigungsfrist
Was heißt Ruhen?
Ruhen des Anspruchs
Das Ruhen führt zu einer Zahlungssperre, dh der Anspruch (das
Stammrecht) bleibt zwar bestehen, kann aber im Ruhenszeitraum nicht
geltend gemacht werden. Der Leistungsträger braucht den Anspruch nicht
zu erfüllen. Die Rahmenfrist nach § 143 wird dadurch nicht berührt,
insbesondere findet keine Verschiebung oder Verlängerung statt, da allein
auf den Tag vor Erfüllung aller Voraussetzungen für das Alg abzustellen ist.
Nur der Leistungsbeginn wird auf den ersten Tag nach Ende des
Ruhenszeitraumes hinausgeschoben. Die Wirkung des Ruhens tritt kraft
Gesetzes ein, so dass die von der BA erlassenen Ruhensbescheide
deklaratorischer Natur sind.
Kein Verbrauch
Durch das Ruhen des Anspruchs wird dieser
grundsätzlich nicht verbraucht.
Eine abschließende Regelung für die Fälle, in
denen ein Ruhen zur Anspruchsminderung
führt, enthält § 148 Abs. 1 Nr. 3 bis 6).
Anspruch lebt wieder auf
Nach dem Ende des Ruhenszeitraumes bzw.
bei Wegfall des Ruhenstatbestandes lebt der
Alg-Anspruch wieder auf, so dass kein
erneuter Leistungsantrag (§ 323) erforderlich
ist.
Versicherungsschutz?
§ 5 SGB V
(1) Versicherungspflichtig sind
2.Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld oder
Unterhaltsgeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur
deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch ab Beginn des
zweiten Monats bis zur zwölften Woche einer Sperrzeit
(§ 159 des Dritten Buches) oder ab Beginn des zweiten
Monats wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des
Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die
Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat,
rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert
oder zurückgezahlt worden ist,
Kein Krankenversicherungsschutz bei
der Entlassungsentschädigung
Krankenarbeitslosengeld ?
Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während
eines Ruhenstatbestandes
§ 146 SGB III
§ 146 Abs. 3 SGB III
„Wer während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit unverschuldet
arbeitsunfähig oder während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der
Krankenkasse stationär behandelt wird, verliert dadurch nicht den Anspruch auf
Arbeitslosengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit
Liegen zwar die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg vor, kann aber der Anspruch wegen eines Ruhenstatbestandes (§§ 156– 159) nicht realisiert werden, z B weil der oder die Arbeitslose eine Urlaubsabgeltung erhalten hat, so liegt ein Bezug von Alg nicht vor.
Das Kranken-Alg ist demnach nicht zu zahlen, wenn vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit der Anspruch zwar dem Grunde nach bestand, aber wegen eines Ruhenstatbestandes, nicht ausgezahlt worden ist.
Gleichwohlgewährung Bestand ein Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung, die der Arbeitgeber aber nicht oder verspätet zahlt, ist im Wege der Gleichwohlgewährung (§ 157Abs. 3 Satz 1) zunächst Alg zu zahlen; daran schließt sich dann das Kranken-Alg nach § 146 SGB III und ggfs Krankengeld an (BSG 26. 6. 1991 –
10 RAr 9/90 – SozR 3–4100 § 117 Nr 4
Krankengeld?
Bei Sperrzeit
Tritt die Arbeitsunfähigkeit während einer Sperrzeit auf,
gibt es weder Kranken-Alg (LSG Baden‑
Württemberg, 5. 11. 2007 – L 8 AL 3045/07 B – Juris)
noch Krankengeld, weil das Krankengeld während einer
Sperrzeit auch ruht (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 a SGB V).
Besteht nach Ablauf einer Sperrzeit die
Arbeitsunfähigkeit noch, wird kein Kranken-Alg,
sondern Krankengeld gezahlt (BSG 14. 3. 1985 – 7 RAr
61/84 – SozR 4100 § 105 b Nr. 3), weil die
Arbeitsunfähigkeit nicht während des Leistungsbezugs
eingetreten ist und der Ruhenstatbestand „Sperrzeit“
nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 a SGB V weggefallen ist.
Bei Urlaubsabgeltung
Eine für die Zeit nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gewährte
Urlaubsabgeltung führt nicht zum Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld,
weder nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 noch Nr. 3 a SGB V analog
(Becker/Kingreen/Joussen SGB V, 3. Aufl. 2012 § 49 Rn. 3 und BSG, Urteil vom
30.05.2006 – B 1 KR 26/05 R, NZS 2007, 153 = BeckRS 2006, 43655).
Der Arbeitslose erhält also kein Krankenarbeitslosengeld, dafür aber
Krankengeld in Höhe des Arbeitslosengeldes.
Bei Entlassungsentschädigung § 158 SGB III
Bei einer Entlassungsentschädigung besteht kein gesetzlicher
Krankenversicherungsschutz, der Arbeitslose muss sich selbst versichern (§ 5 Abs. 8a,
Abs. 1 Ziff. 13). Also besteht kein Anspruch auf Krankengeld (§ 44 Abs. 2 Ziff. 1 SGB V),
was sich aber auch noch aus einem anderen Gesichtspunkt ergibt:
Der Krankengeldanspruch ruht dann, wenn der Versicherte beitragspflichtiges
Arbeitsentgelt erhalten hat (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Abfindungen, die rückständiges
Arbeitsentgelt (verdeckten Lohn) enthalten, sind Arbeitsentgelt (sog. unechte
Abfindungen); JurisPK-SGB IV Werner, 2. Aufl. 2011 § 14 Rn. 92).
Zur Erinnerung …
Geprüft wurden bislang die Voraussetzungen der §§ 137, 138
SGB III.
Nächste Anspruchsvoraussetzung ist die Arbeitslosmeldung §§
137 Abs. 1 Ziff. 2, 141 SGB III.
Arbeitslosmeldung
- Tatsachenerklärung persönlich abzugeben (§ 141 SGB III)
- Fällt in der Regel mit dem Antrag auf Arbeitslosengeld zusammen, kann
aber getrennt abgegeben werden (§§ 137 Abs. 2, 323 Abs. 1 SGB III
- Setzt die Rahmenfrist in Gang
Rahmenfrist §§ 142, 143 SGB III
- Nur noch 2 und nicht mehr 3 Jahre
- Nur noch eingeschränkte Unterbrechungen (§ 143 Abs. 3 SGB III)
- Deswegen freiwillige Versicherung möglich § 28 a SGB III
- „Eigentlich“ starre Betrachtung: Rahmenfrist beginnt gem. § 143 Abs. 1 SGB III am Tag vor der Erfüllung aller Voraussetzungen, i.d.R. als einen Tag vor der Arbeitslosmeldung (sofern zu diesem Zeitpunkt die weiteren Voraussetzungen vorgelegen haben). In Freistellungsfällen kann die Anwartschaft auch noch während des fortdauernden Arbeitsverhältnisses erfüllt werden, obwohl der Leistungsfall der Beschäftigungslosigkeit bereits eingetreten ist“ (Hassel im Handbuch 5. Kapitel Rn. 82 und BSG 03.06.2004 B 11 AL 70/03 R NZA-RR 2005, 52 und Brand in Niesel/Brand § 123 Rn. 6).
- Ob sich die Rahmenfrist ändert, wenn das Arbeitsverhältnis durch Urteil oder Vergleich verlängert wird, ist str. (siehe Hassel aaO 5. Kap. Rn. 82 und Brand aaO § 124 Rn. 2).
Erfüllung der Anwartschaftszeit
Es spielt dafür keine Rolle, ob Beiträge gezahlt wurden oder nicht!
Im Gegenteil kann selbst bei Beitragsentrichtung das Bestehen des
Versicherungsverhältnisses verneint werden. Ob ein Versicherungsverhältnis
vorgelegen hat, richtet sich allein nach §§ 24 SGB III und ist objektiv zu
beurteilen (wieder Hassel Rn. 86).
Anspruchsdauer § 147
Die Anspruchsdauer ist gestaffelt nach Betriebszugehörigkeit und Alter und
beträgt max. 24 Monate. Eine spätere Arbeitslosmeldung kann bei einem
bevorstehenden Altersklassewechsel zu einem höheren Anspruch führen. Die
Arbeitsagentur muss darauf hinweisen.
Anspruchshöhe § § 149 ff.
Wichtig ist, dass der Bemessungsrahmen auf 2 Jahre erweitert werden kann,
wenn sich dadurch eine für den Arbeitslosen günstigere Berechnung ergibt.
Das BSG lässt das bei 25 % Differenz zu (Hassel Rn. 99). Der Arbeitslose muss
eine Verlängerung ausdrücklich verlangen und die erforderlichen Unterlagen
vorlegen, zumal sich die Zahlen aus der Bescheinigung des Arbeitgebers im
Regelfall nicht ergeben.
Nicht erforderlich ist, dass das Entgelt zugeflossen ist, es genügt der
Anspruch.
Die Eintragung in der Lohnsteuerkarte ist für die Arbeitsagentur verbindlich.
Sie kann rückwirkend bis zum 30.11. des Jahres beantragt werden ( § 39 Abs.
5 EStG), wirkt aber für das Arbeitslosengeld erst ab Eintragung (§ 153 Abs. 2 S.
2 SGB III).
Minderung der Anspruchsdauer § 148 SGB III
Aus der Vorschrift ergibt sich eine weitere bedeutsame Grundregel: Ansprüche, die Ruhen, führen nicht „automatisch“ zu einer Verkürzung der Anspruchsdauer, sondern nur zu einer Verschiebung. Nur dann, wenn es ausdrücklich gesetzlich geregelt ist, wird der Anspruch verkürzt (Brand in Niesel/Brand § 128 Rn. 3).
Das heißt, dass ein Ruhen wegen Urlaubsabgeltung (§ 157 Abs. 2) oder wegen Entlassungsentschädigung (§ 158) den Anspruch nur verschiebt, nicht aber verkürzt, weil es gesetzlich nicht geregelt ist.
Dagegen führt ein Ruhen wegen einer Sperrzeit (§ 159) zu einer Verkürzung, weil das in Ziff. 4) steht.
Ruhenstatbestände
Die folgenden Ruhenstatbestände führen
nur dann zu einer Verkürzung, wenn es
ausdrücklich im Gesetz geregelt ist.
Ansonsten kommt es nur zu einer zeitlichen
Verschiebung
§ 156 Andere Sozialleistungen
Der Anspruch ruht und verschiebt sich bei anderen Sozialleistungen, z.B.
– Krankengeld,
– Erwerbsminderungsrente
Während des Ruhens bleibt das Stammrecht bzw. die Wurzel bestehen, Entstehung und Bestand des Anspruchs werden nicht beeinträchtigt (Düe in Niesel/Brand § 142 Rn. 7). Der Anspruch kann aber gem. § 161 Abs. 2 verfallen (Düe Rn. 8).
§ 157 Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung
Hat der Beschäftigungslose beispielsweise in der Freistellungsphase Anspruch
auf Gehalt, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld gem. § 157 Abs. 1 SGB III.
Hat er eine Urlaubsabgeltung zu beanspruchen, ruht der Anspruch gem. §
157 Abs. 2 SGB III.
Hat der Arbeitgeber trotz Verpflichtung nicht geleistet, wird gem. § 157 Abs. 3
SGB III gleichwohl Arbeitslosengeld gezahlt = Gleichwohlgewährung.
Krankenversicherung beim Ruhen
Beim Ruhen besteht grundsätzlich keine Krankenversicherung, weil keine Leistung
bezogen wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Lediglich für 1 Monat besteht eine
Nachversicherung gem. § 19 Abs. 2 SGB V.
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V als Ausnahmevorschrift besagt aber, dass bei einem Ruhen
wegen Urlaubsabgeltung (§ 157 Abs. 2 SGB III) oder einer Sperrzeit (§ 159 SGB III)
Krankenversicherungsschutz besteht.
§ 158 Entlassungsentschädigung
– allgemein –
- Wird dem Ruhen wegen Urlaubsabgeltung hinzugerechnet, d.h. der
Ruhenszeitraum verlängert sich entsprechend (§ 158 Abs. 1 S. 5 SGB III).
- Die Sperrzeit gem. § 159 SGB III läuft hingegen kalendermäßig ab, also
während des Ruhens wegen Urlaubsabgeltung und/oder
Entlassungsentschädigung.
- Wegen einer fehlenden Sonderregelung besteht während des Ruhens
wegen einer Entlassungsentschädigung kein Kündigungsschutz.
Berechnung
Siehe Tabelle im Skript
Beispiel
(aus Schmidt Sozialrecht in der arbeitsrechtlichen Praxis Rn. 204)
A scheidet ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus. Die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist für den Arbeitgeber (nur diese ist maßgeblich, § 158 Abs. 1 S. 1 SGB III) beträgt sechs Monate zum Monatsende. A ist bei ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb, dem sie 17 Jahre angehörte, 43 Jahre alt. Sie erhält eine Entlassungsentschädigung von 10.230 €. In den letzten 12 Monaten verdiente sie brutto monatlich 1.410 €. Außerdem wird ihr eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.410 € bezahlt.
Berechnung der Entlassungsentschädigung
- Schritt: Anzurechnende Entlassungsentschädigung laut Tabelle:
40 % der Abfindung = 4.092 €
- Schritt: Berechnung des Brutto-Tagesverdienstes
12 X 1.410 = 16.920 : 360 = 47 €
- Schritt: Berechnung der Ruhenszeit
4.092 (Anteil Abfindung) : 47 (Tagesverdienst) = 87 Tage
- Schritt: Verlängert um die Urlaubsabgeltung
1410 : 47 = 30 Tage
- Gesamt:
117 Tage
Sperrzeit § 159 SGB III
Geschäftsanweisung zum
Arbeitslosengeld (GA)
04/2012
Wesentliches:
Sperrzeit wegen
– Arbeitsaufgabe, die zur Arbeitslosigkeit führt
– Verspäteter Meldung
– Verletzung von Mitwirkungspflichten während der
Arbeitslosigkeit
Bei Arbeitsaufgabe
– Verläuft parallel zu anderen Ruhenstatbeständen
– Beginnt mit der Beschäftigungslosigkeit
– Führt zu einer Verkürzung der Bezugsdauer gem. § 148 Abs. 1 Ziff. 4 SGB III, sofern
eine zwölfwöchige Sperre verhängt wird (nicht bei Sperrzeiten von drei oder sechs
Wochen § 159 Abs. 3 Ziff. 1 und 2 SGB III!)
– Wirkt sich nicht mehr aus, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für das
Arbeitslosengeld 1 Jahr zurückliegen!
Beispiel aus Niesel/Brand § 128 Rn. 15
Der Arbeitnehmer beendet durch Aufhebungsvertrag ohne wichtigen Grund zum
31.3.2005 das Beschäftigungsverhältnis. Die Sperrzeit beginnt automatisch am
1.4.2005. Meldet er sich erst am 10.04.2006 arbeitslos, tritt eine Minderung des Alg‑
Anspruchs nicht ein, weil das Sperrzeitereignis (1.4.2005) länger als 1 Jahr vor der
Erfüllung der Voraussetzungen des Alg-Anspruchs (10.4.2006) liegt. Hätte er sich vor
dem 1.4.2006 arbeitslos gemeldet, würde eine Minderung eintreten.
Die Arbeitsagentur muss den Arbeitslosen darauf hinweisen und gegebenenfalls (im
Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs haften.
Problem?
Rahmenfrist
Gem. § 143 SGB III besteht der Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 137 SGB III) überhaupt erst, wenn innerhalb einer Rahmenfrist von 2 Jahren eine Anwartschaftszeit von 12 Monaten erfüllt ist. Die Rahmenfrist beginnt zwingend mit dem Tag vor Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen (§ 143 Abs. 1 SGB III), also einen Tag vor der Arbeitslosmeldung (§ 137 Abs. 1 Ziff. 2 SGB III).
Nimmt man das Beispiel von Niesel, ist zwar die Sperre abgelaufen, aber auch die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, denn bei Arbeitslosmeldung am 10.04.2006 und Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.3.2005 fehlen notwendig einige Tage (9.4 2006 – 8.4.2004 ist die Rahmenfrist, in einem Beschäftigungsverhältnis stand er aber nur vom 8.4.2004 bis 31.3.2005, es fehlen also 7 Tage!).
Man hilft sich nun wie folgt:
In Freistellungsfällen „kann – allerdings angesichts der i.Ü. strikten Unterscheidung zwischen leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis und arbeitsrechtlichem Arbeitsverhältnis nicht konsequent – die Anwartschaft auch noch während des fortdauernden Arbeitsverhältnisses erfüllt werden, obwohl der Leistungsfall der Beschäftigungslosigkeit bereits eingetreten ist“ (Hassel im Handbuch 5. Kapitel Rn. 82 und BSG 03.06.2004 B 11 AL 70/03 R NZA-RR 2005, 52).
Es wird also letztlich die Rahmenfrist systemwidrig verlängert bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses.
Beendigungsfällen
Ist der Arbeitnehmer auch aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und wartet er 1 Jahr,
etwa weil er bis dahin von der Abfindung lebt, wird das Problem über §§ 137 Abs. 2, 323
Abs. 1 S. 1 SGB III gelöst. Der Arbeitslose gibt zwar die Arbeitslosmeldung
(Tatsachenerklärung) innerhalb der Rahmenfrist ab, beantragt aber das Arbeitslosengeld für
einen späteren Zeitpunkt (Willenserklärung), worauf ihn die AA auch hinweisen muss, sonst
hat er einen Herstellungsanspruch (Hassel Rn. 72).
Dogmatisch ganz einwandfrei scheint mir auch die Lösung nicht zu sein, weil § 148 Abs. 2
SGB III von den Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld spricht und das ist
der § 137 SGB III und für den genügt die Arbeitsloserklärung.
Offensichtlich ist bei der Verkürzung der Rahmenfrist von 3 auf 2 Jahre 2003/2004 nicht
alles bedacht worden, was freilich kein Einzelfall ist.
Grund der Sperre
Die Solidargemeinschaft der Versicherten soll vor der Inanspruchnahme
durch Arbeitnehmer geschützt werden, die den Eintritt bzw. das Andauern
der Arbeitslosigkeit verursacht haben.
Wenn sich Anhaltspunkte für ein schuldhaftes Herbeiführen der
Arbeitslosigkeit ergeben, ist der Sachverhalt aufzuklären. Das ist z. B. der Fall,
wenn zu einer Kündigung durch den Arbeitgeber Gesichtspunkte hinzutreten,
die auf eine einvernehmliche Lösung des Beschäftigungsverhältnisses
hindeuten.
Arbeitsgerichtliche Entscheidungen
Arbeitsgerichtliche Entscheidungen sind für die Entscheidung
über eine Sperrzeit nicht abzuwarten, weil sie insoweit nicht
bindend sind.
Sperrzeitrelevant ist auch das Lösen von
- Berufsausbildungsverhältnissen
- Heimarbeitsverhältnissen
- 3. Beschäftigungen während der Probezeit
- Ohne Bedeutung ist die Aufgabe selbständiger Tätigkeiten. Dies gilt auch dann, wenn Versicherungspflicht gem. § 28a vorgelegen hat.
Lösungssachverhalte
– die Kündigung durch den Arbeitnehmer,
– der Aufhebungsvertrag
– der Abwicklungsvertrag
– Beteiligungssachverhalte
Änderungskündigung
Wird eine Änderungskündigung nicht angenommen, ist dies
einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers nicht gleichzusetzen.
Sie zieht in diesem Fall eine Arbeitgeberkündigung nach sich
oder ist mit dieser verbunden.
Betriebsübergang
Durch den Widerspruch des Arbeitnehmers gegen einen Betriebsübergang
nach § 613a BGB wird kein Beteiligungs- /Lösungssachverhalt begründet
(Urteil des BSG v. 8.7.2009 – B 11 AL 17/08 R)
Aufhebungsvertrag und
Abwicklungsvertrag
Ob das Arbeitsverhältnis auch durch rechtmäßige Kündigung beendet werden konnte,
ist für den Auflösungssachverhalt unerheblich (es könnte aber ein wichtiger Grund
vorliegen). Entscheidend ist allein, dass der Aufhebungsvertrag gegen den Willen des
Arbeitslosen nicht zustande kommen konnte.
Bei einer Arbeitgeberkündigung kann der Arbeitslose nachträglich innerhalb der Frist,
in der eine Kündigungsschutzklage erhoben werden kann, (z. B. durch einen
„Abwicklungsvertrag“) das
Beschäftigungsverhältnis gelöst haben. Solche Verträge können insbesondere die
Zahlung einer Abfindung zum Inhalt haben, wenn dafür auf die Geltendmachung der
Rechtswidrigkeit der Kündigung verzichtet wird.
Initiierte Kündigung
Eine vom Arbeitslosen angeregte Arbeitgeberkündigung bildet
auch einen Auflösungssachverhalt.
Hinnahme einer
Arbeitgeberkündigung
Ein Beteiligungssachverhalt setzt aktives Mitwirken des Arbeitnehmers voraus. Die bloße Hinnahme einer Kündigung reicht nicht aus. Ergeben sich Hinweise auf einen Beteiligungssachverhalt, ist dies aufzuklären.
Die Hinnahme einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung kann aber auf einen Beteiligungssachverhalt hindeuten. Eine Kündigung ist offensichtlich rechtswidrig, wenn der Arbeitnehmer ohne weiteres erkennen musste, dass sie gegen
arbeitsvertragliche, tarifvertragliche oder gesetzliche
Bestimmungen verstößt.
Eine Kündigung ist offensichtlich
rechtswidrig, wenn
- die maßgebende Kündigungsfrist nicht eingehalten ist,
- der Arbeitslose nach tarif- oder einzelvertraglichen Bestimmungen nur
noch aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) kündbar war, oder
- der Arbeitslose besonderen Kündigungsschutz genießt und die
Kündigung deshalb nichtig ist, z. B. nach § 9 MSchG , § 18 BEEG, § 85 SGB
IX
Wird das Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis durch rechtmäßige ordentliche Arbeitgeberkündigung beendet, liegt allein in der Annahme einer Abfindung oder einer ähnlichen Leistung kein versicherungswidriges Verhalten.
Kündigung gem. § 1a KSchG
BAG, Urt. v. 12.7.2006, NZA 2006, 1359
Der Senat erwägt, für Streitfälle ab dem 1. 1. 2004 unter Heranziehung der Grundsätze
des § KSCHG § 1a KSchG auf eine ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der
Arbeitgeberkündigung zu verzichten, wenn die Abfindungshöhe die in § KSCHG § 1a
KSCHG § 1A Absatz II KSchG vorgesehene nicht überschreitet.
LSG Baden-Württemberg: Urteil vom 21.10.2011 – L 12 AL 4621/10
- Bei der Frage, ob ein wichtiger Grund für den Abschluss eines
Aufhebungsvertrages vorliegt, ist auf die Prüfung der
Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung nicht zu verzichten,
wenn der Abfindung statt der in § 1a Abs. 2 KSchG vorgesehenen
Höhe von 0,5 Monatsverdiensten je Beschäftigungsjahr ein Faktor
von 1,2 zugrunde liegt (Fortführung von BSGE 104, 57; BSGE 97,
1).
- Der Arbeitnehmer kann sich auch nicht auf einen wichtigen Grund
für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages nach der oben
genannten Rechtsprechung berufen, wenn ihm nicht hinreichend
sicher eine nach Arbeitsrecht objektiv rechtmäßige
betriebsbedingte Kündigung droht (BSGE 104, 57). (amtlicher
Leitsatz)
(159.19)
Ein arbeitsgerichtlicher Vergleich kann eine Sperrzeit
nicht auslösen.
Kausalität
Der Auflösungssachverhalt muss kausal für den Eintritt der
Beschäftigungslosigkeit gewesen sein (BSG v. 26.10.2004 – B 7 AL 98/03 R).
Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.
Beispiel:
A verliert seine unbefristete Beschäftigung zum
31.3. wegen vertragswidrigem Verhalten. Er
nimmt am 1.4. eine zum 30.4. befristete
Beschäftigung auf, die er am 15.4. wegen
vertragswidrigem Verhalten verliert.
Lösung:
Für die Arbeitslosigkeit am 16.4. ist die Aufgabe der befristeten Beschäftigung, für die
Arbeitslosigkeit ab 1.5. die Aufgabe der unbefristeten Beschäftigung kausal. Ab 1.5.
laufen beide Sperrzeiten parallel.
159.30
Kausalität ist zu verneinen, wenn der Arbeitgeber nach
arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht zur verhaltensbedingten
Kündigung berechtigt war.
Beispiel:
A wird wegen unentschuldigten Fehlens fristlos entlassen. Er ist
wegen seines Verhaltens vorher nicht abgemahnt worden.
Kausalität liegt nicht vor.
Wichtiger Grund
GA 78 ff.
-von Amts wegen zu prüfen
-Irrt sich der Arbeitslose über das Vorliegen eines wichtigen Grundes,
verhindert dies nicht den Eintritt einer Sperrzeit. Dann ist eine besondere
Härte zu prüfen
Aufhebungsvertrag
159.101; 102
Hat der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis beendet, weil ihm andernfalls eine arbeitgeberseitige Kündigung drohte, liegt allein darin kein wichtiger Grund. Ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder für eine Eigenkündigung liegt vor, wenn
– eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden ist,
– die drohende Arbeitgeberkündigung auf betriebliche Gründe gestützt würde,
– die Arbeitgeberkündigung zu demselben Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis geendet
hat, oder früher wirksam geworden wäre; bei einer einvernehmlichen Freistellung ist das fristgemäße Ende des Arbeitsverhältnisses maßgebend, wenn bis dahin Arbeitsentgelt gezahlt worden ist,
– im Falle der Arbeitgeberkündigung die Kündigungsfrist eingehalten würde
– der Arbeitnehmer nicht unkündbar war und
– eine Abfindung von 0,5 Monatsgehältern, mindestens aber 0,25 für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer gezahlt wird. § 1a KSchG gilt entsprechend. Der Gedanke des § 1a KSchG, der für den Fall einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung eine einfache Klärung der Voraussetzungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beinhaltet (s. hierzu 1.2.2 Abs. 1 b), wird auf die Lösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer übertragen.
Prüfungsmaßstab
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18. 10. 2011 – L 13 AL 5030/10 aus info also 2012, 157
„Der Arbeitgeber hätte die Kündigung, die dem Anwendungsbereich des KSchG unterfallen wäre (vgl. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 2 KSchG) mit dringenden betrieblichen Erfordernissen begründen können. Nach Aussage der Zeugin im Erörterungstermin vom 5. 8. 2011, die sich mit den schriftlichen Angaben des Arbeitgebers gegenüber dem SG decken, hatte die Fa. R. GmbH im Gefolge der Wirtschaftskrise ab Ende 2008 einen erheblichen Umsatzrückgang zu beklagen, der eine Weiterbeschäftigung der gesamten Belegschaft nicht mehr zuließ. Dementsprechend wurden im gesamten Unternehmen zwischen 4 und 5 Mitarbeiter entlassen, was bei einer damaligen Belegschaft von etwas mehr als 50 Mitarbeitern nahezu 10 % der Belegschaft entspricht.
Dieser Umsatzeinbruch bedingte zur Überzeugung des Senats den tatsächlichen Wegfall des
konkreten Arbeitsplatzes des Klägers; die unternehmerische Entscheidung auf der das Entfallen des Arbeitsplatzes des Klägers beruht, erscheint im Angesicht der Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Fa. R. GmbH auch nicht offensichtlich willkürlich. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers auf einem anderen freien gleichwertigen oder schlechteren Arbeitsplatz war angesichts des Stellenabbaus gerade im Bereich der ungelernten Kräfte und der mangelnden Qualifikation des Klägers ersichtlich nicht gegeben. Es bestehen unter diesen Gesichtspunkten keine Anhaltspunkte, die geeignet wären, die Vermutung für dringende betriebliche Erfordernisse der Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG zu widerlegen“.
Siehe zur betriebsbedingten Kündigung
BAG, Urt. vom 23. 2. 2012 − 2 AZR
548/10 NZA 2012, 852 ff.
(sehr instruktiv!)
Vorsicht beim Interessenausgleich
LSG Hessen: Urteil vom 22.06.2012 – L 7 AL 186/11 BeckRS 2012, 71032
Vorliegend war jedoch – wie auch das Sozialgericht, zwar an anderer
Stelle, jedoch völlig zutreffend, ausgeführt hat – zum Zeitpunkt des
Abschlusses des Aufhebungsvertrages am 30. März 2010 eine objektiv
rechtmäßige betriebsbedingte Kündigung zum Ablauf des 30.
September 2010 gar nicht möglich, da zunächst das – für den Monat
April 2010 vorgesehene – sog. Clearingverfahren durchzuführen war.
Dies ergibt sich ohne Weiteres schon aus § 2 (4) des zwischen der
Arbeitgeberin und dem Betriebsrat unter dem 15. Februar 2010
geschlossenen Interessenausgleichs, wonach die Arbeitgeberin vor
Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung verpflichtet war, den
Versuch zu unternehmen, im sog. Clearingverfahren den Arbeitnehmer
auf einen zumutbaren Arbeitsplatz zu vermitteln. Erst nach
Durchlaufen dieses Vermittlungsverfahrens konnten – so ausdrücklich §
2 (5) des Interessenausgleichs – personelle Maßnahmen ergriffen
werden.
Beispiel
Der Arbeitgeber will den AN betriebsbedingt fristgemäß zum Jahresende
entlassen. Sie schließen einen Aufhebungsvertrag zum selben Zeitpunkt. A
erhält dafür eine Abfindung in Höhe von 0,5 Monatsentgelten für jedes Jahr
des Arbeitsverhältnisses. Eine Sperrzeit tritt nicht ein.
Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob die
drohende Arbeitgeberkündigung rechtmäßig
ist, …..
Abwicklungsvertrag
während der Kündigungsfrist
(159.110)
Abwicklungsverträge sind wie Aufhebungsverträge zu bewerten. Wird ein
Abwicklungsvertrag binnen der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage
geschlossen, liegt ein wichtiger Grund für die Auflösung des
Beschäftigungsverhältnisses vor, wenn die Kündigung rechtmäßig war.
Beginn und Ende
Die Sperrzeit läuft unabhängig von einem Leistungsanspruch
kalendermäßig ab. Sie beginnt grundsätzlich mit dem Tag nach dem Sperrzeitablauf Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Ein Sperrzeitereignis tritt erst ein, wenn alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Wird ein Beschäftigungsverhältnis beendet, beginnt die Sperrzeit an dem Tag, ab dem Beschäftigungslosigkeit vorliegt. Dies gilt auch für Fälle, in denen das Beschäftigungsverhältnis beendet wird, das Arbeitsverhältnis aber fortbesteht.
Wird die Beschäftigungslosigkeit durch einseitige Freistellung nach
Abschluss eines Aufhebungsvertrages vorverlegt, beginnt die Sperrzeit
mit dem Tag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses, nicht mit dem
ersten Tag der Freistellung.
Besondere Härte
Härtefallregelung bei Aufgabesperrzeit – § 159 Abs. 3 Nr. 2b). Allgemeine
Lebensumstände bzw. Umstände persönlicher oder wirtschaftlicher Art (z. B.
Größe der Familie, ungünstige wirtschaftliche
Lage) oder Umstände, die die Stellung des Arbeitslosen als Arbeitnehmer
kennzeichnen (z. B. erstmaliger Sperrzeitanlass, alsbaldige Arbeitsaufnahme),
können die Herabsetzung der Sperrzeit grundsätzlich nicht rechtfertigen.
Sachverhaltsfeststellung/Entscheidung
(159.145)
Der Sachverhalt ist vor der Entscheidung umfassend zu ermitteln. Den
Aussagen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber kommt regelmäßig gleiches
Gewicht zu.
Zweifel an den Voraussetzungen für eine Sperrzeit gehen zu Lasten der
Arbeitslosenversicherung; es sei denn, die Beweislast liegt bei dem
Leistungsberechtigten.
Vorläufige Entscheidung
§ 328 Abs. 1 Nr. 3 eröffnet die Möglichkeit, bei
der Entscheidung über den Anspruch Leistungen
ohne Sperrzeit vorläufig zu bewilligen.
Anspruchsübergang
§ 115 SGB X
Beispiel
Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31. 8. 2003. Der Arbeitnehmer erhob hiergegen Kündigungsschutzklage. Ab dem 1. 9. 2003 bezog er Arbeitslosengeld bis zum 31. 3. 2004 in Höhe von insgesamt 6973,19 Euro. Dies wurde dem Arbeitgeber mitgeteilt. Mit Urteil vom 30. 8. 2004 stellte das Arbeitsgericht rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung beendet worden ist (BAG, Urteil vom 19. 3. 2008 NZA 2008, 900).
- Der Arbeitgeber zahlt an den Arbeitnehmer und nicht an die Arbeitsagentur.
- Arbeitnehmer und Arbeitgeber vergleichen sich nach dem Urteil auf den Beendigungszeitpunkt 31.08.2003, der Arbeitgeber zahlt das Gehalt bis zum 31.3.2004 als Abfindung.
- Der Arbeitgeber hat fristlos gekündigt zum 31.8.2003. Die Parteien einigen sich im Termin auf eine ordentliche Kündigung, keine Lohnzahlung aber eine Abfindung in Höhe des Gehalts bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist.
- Sie belassen es bei der außerordentlichen Kündigung und zahlen die gleiche Abfindung.
Insolvenzgeld
1. Antragsfrist!
2. 3. Insolvenzfall!
Renten
SGB VI
Rentenarten
1. Altersrenten
2. Erwerbsunfähigkeitsrenten (nicht zu verwechseln
mit der Verletztenrente des SGB VII)
3. Witwenrenten
Auskunftsanspruch § 109 SGB VI
Systematik
Die Anspruchsvoraussetzungen für die Renten sind in §§ 35 ff. SGB VI geregelt. Sie betreffen die neue Rechtslage, also diejenigen, die seit
dem 1.1.1964 geboren sind. Die §§ 235 ff. SGB VI regeln
übergangsweise die Renten für die Jahrgänge, die vor dem 1.1.1964 geboren sind. Dabei finden weitergehende Differenzierungen nach Geburtsjahrgängen statt. Die §§ 235 ff SGB VI finden sich im 5. Kapitel „Sonderregelungen“, d.h. gem. § 228 SGB VI ergänzen sie die Vorschriften (§§ 35 ff. SGB VI) für Sachverhalte, die nur noch übergangsweise eintreten können. Systematisch muss man also zuerst den Jahrgang erfassen und dann die §§ zuordnen. Es gibt Renten, die sind neu hinzugekommen und nur in §§ 35 SGB VI auffindbar (§ 38 SGB VI) und es gibt Renten, die sind weggefallen bzw. nur in den §§ 235 ff. SGB VI aufgeführt (z.B. die Altersrente für Frauen § 237a SGB VI).
Altersrenten 1.1.1964 und später
(§§ 35 VI SGB)
– § 35 Regelaltersrente
– § 36 Altersrente für langjährig Versicherte
– § 37 Altersrente für schwerbehinderte Menschen
– § 38 Altersrente für besonders langjährig Versicherte
– § 40 Langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute
Altersrenten für ältere Jahrgänge
§§ 235 ff SGB VI
- § 235 – Altersrente (keine vorzeitige Inanspruchnahme; Abs.
1 S. 2: „die Regelaltersrente wird frühestens mit Vollendung
des 65. Lebensjahres erreicht“.)
- § 236 – langjährig Versicherte (vorzeitige Inanspruchnahme)
- § 236 a – Schwerbehinderte (vorzeitige Inanspruchnahme)
- § 237 – Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach
Altersteilzeit nur noch für Versicherte, die vor dem 1.1.1952
geboren sind
- § 237a – Altersrente für Frauen
- § 238 Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte
Bergleute
Andere Rentenarten ab 1.1.1964
– § 43 Rente wegen Erwerbsminderungen
– § 45 Rente für Bergleute
– § 46 Witwenrente und Witwerrente
– § 47 Erziehungsrente
– § 48 Waisenrente
– § 49 Renten wegen Todes bei Verschollenheit
Andere Rentenarten vor dem 1.1.1964
– § 240 Rente teilweiser Erwerbsminderung bei
Berufsunfähigkeit
– § 241 Rente wegen Erwerbsminderung
– § 242 Rente für Bergleute
– § 242a Witwenrente und Witwerrente
– § 243 Witwenrente vor dem 1. Juli 1977
geschieden
– § 243a Rente wegen Todes
Abschläge
§ 77 SGB VI (Zugangsfaktor)
Teilrente
§ 42 SGB VI
Hinzuverdienst
§ 34 SGB VI
Kündigungsschutz
§ 41 SGB VI
Keine Kündigung wegen Altersrente
SGB IV
Gemeinsame Vorschriften für die
Sozialversicherung
Grundlagen
Grundlage der gesetzlichen Sozialversicherung ist die Versicherungspflicht
abhängig Beschäftigter. Liegt der im jeweiligen Gesetz bestimmte Tatbestand
vor, tritt — ohne dass es einer Willenserklärung oder eines Antrages bedarf
— Versicherungspflicht kraft Gesetzes in der Sozialversicherung ein (§ 22 SGB
IV).
Für die Feststellung der Versicherungspflicht und der Beitragshöhe gilt nicht
— wie im Steuerrecht — das Zuflussprinzip, sondern das Entstehungsprinzip,
es kommt also nicht darauf an, ob und wann der Arbeitgeber das mit dem
Arbeitnehmer vereinbarte Arbeitsentgelt tatsächlich zahlt und dieses dem
Arbeitnehmer zufließt.
Es kommt auch nicht darauf an, was der Arbeitgeber auszahlt, sondern in
welcher Höhe der Arbeitnehmerin nach dem allgemeinverbindlichen
Gehaltstarifvertrag Entgeltansprüche zustehen. Anderenfalls hätte es der
Arbeitgeber in der Hand, durch verzögerte oder verkürzte Zahlung des
Arbeitsentgelts über den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers zu
verfügen.
Pflichten des Arbeitgebers
- §§ 28 SGB IV
– Meldepflichten
– Aufzeichnungspflichten
– Abführung der Beiträge als Beitragsschuldner
Geringfügige Beschäftigung § 8 SGB IV
-Nicht mehr als 400 €
– Keine Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung
-Dennoch pauschalierte Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung, die
aber keine Versicherungs- und Leistungsansprüche auslösen
-Verzicht auf Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung
-Risiko bei mehreren geringfügigen Beschäftigten
— Fragerecht des Arbeitgebers
— Pflicht zur ungefragten Auskunft des Arbeitnehmers
– – Antrag des Arbeitgebers auf Feststellung der Versicherungspflicht
Freie Mitarbeiter
- Abgrenzungsprobleme
- Antragsverfahren innerhalb eines Monats, dann erst
gegebenenfalls Versicherungspflicht nach rechtskräftiger
Entscheidung
Gesetzliche KV
SGB V
Pflichtversicherung
Beginnt mit der Arbeitsaufnahme, gegebenenfalls aber
auch schon vorher mit Abschluss des Arbeitsvertrags.
Kreis der Versicherungspflichtigen
– Arbeiter, Angestellte, Auszubildende bis zu
einem bestimmten Einkommen,
– Übersteigt das Einkommen die grenze, besteht
die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung
– Selbstständige sind nicht gesetzlich versichert,
– Mit Vollendung des 55. Lebensjahrs nicht
mehr pflichtversichert
Beiträge
- §§ 249: Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils
zur Hälfte
Krankengeld
Wer hat Anspruch?
Gesetzlich Krankenversicherte gem. §§ 44 I – 52a SGB V
Privat Krankenversicherte gem. § 192 Abs. 5 VVG = Krankentagegeldversicherung
Wie lange?
Gesetzliche: 78 Wochen
Private: keine zeitliche Begrenzung, hängt vom Versicherungsvertrag ab, Wegfall u.a. bei Berufsunfähigkeit (mehr als 50 % erwerbsunfähig)
Mitgliedschaft in der gesetzlichen KV
- Mit Beginn des Arbeits- (nicht erst des Beschäftigungs-) -verhältnisses (§
186 Abs. 1 SGB V ): auch der am ersten Arbeitstag erkrankte Arbeitnehmer
hat Krankenversicherungsschutz, aber erst nach 4 Wochen Anspruch auf
Krankengeld (§ 44 Abs. 2 S. 1 Ziff. 3 SGB V, § 3 Abs. 3 EFZG).
- Ende gem. § 190 Abs. 2 SGB V mit der rechtlichen Beendigung, nicht schon
mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses
- Krankenversicherungsschutz und Beitragspflicht bei unwiderruflicher
Freistellung ist seit 2008/2009 wieder gewährleistet („Side Letter“ sind
obsolet)
- Aber ein neues Problem taucht auf: Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit
während der unwiderruflichen Freistellung! Schwierigkeiten wegen § 7
Abs. 1(a) SGB IV.
Feststellung der Arbeitsunfähigkeit
Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ausschließlich durch ärztliche
Feststellung, um Missbrauch und Zweifelsfälle zu vermeiden.
Verhältnis zum Arbeitslosengeld
Krankengeld ist höher und hat Vorrang (§ 142 Abs. 1 S. 2 SGB III).
Während des Krankengeldbezugs und des Krankentagegeldbezugs werden Beiträge in die Arbeitslosenversicherung entrichtet (§ 26 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 SGB III).
Der Bezug von Krankengeld kürzt nicht den Bezug von Arbeitslosengeld.
Konsequenz:
Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit
Im bestehenden Arbeitsverhältnis: Krankengeld
Nach beendetem Arbeitsverhältnis:
– Feststellung der Arbeitsunfähigkeit vor Arbeitslosmeldung: nach
einem Monat kein Krankengeld, Arbeitslosengeld nur unter den
Voraussetzungen des § 125 SGB III: Dauererkrankung
– Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nach Arbeitslosmeldung:
Krankenarbeitslosengeld nach § 126 Abs. 1 S. 1 SGB III und sodann
Krankengeld in Höhe des Arbeitslosengeldes
Praxistipp für sich krank fühlende
Arbeitslose:
Erst zum Amt, dann zum Arzt
Überprüfung durch MDK
Kommt der MDK in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann die Krankenkasse gem. § 51 Abs. 1 S. 1 SGB V eine Frist von 10 Wochen setzen, innerhalb der der Versicherte einen Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation zu stellen hat. Weigert sich der Versicherte, den ihm von der Krankenkasse empfohlenen Reha-Antrag zu stellen, entfällt der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der Frist gern. § 51 Abs. 3 SGB V.
Kommen die Behandlungen und Untersuchungen im Rahmen des Reha-Verfahrens zu dem Ergebnis, dass bei dem Versicherten teilweise oder vollständige Erwerbsminderung vorliegt, gilt der Reha-Antrag als Rentenantrag (§ 116 Abs. 2 SGB VI).
Nach Ablauf von 78 Wochen
Arbeitslosengeld im Wege der Nahtlosigkeit gem. § 145
SGB III oder Erwerbsminderungsrente.
Ruhen des Krankengeldes
§ 49 Abs. 1 Ziff. 1 SGB V
Gesetzestext:
Der Krankengeldanspruch ruht gem. § 49 Abs. 1
Ziff. 1 SGB V: soweit und solange der Versicherte
beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder
Arbeitseinkommen erhält; dies gilt nicht für
einmalig gezahltes Arbeitsentgelt.
Vergleich
Gestaltungsspielräume stehen in Rede, sofern in einem arbeitsrechtlichen
Vergleich Kündigungsfristen und Abfindungen vereinbart werden. Ist dabei
ein Zeitraum betroffen, während dessen Krankengeld gezahlt wurde, ist
fraglich, ob Ansprüche auf die Krankenkasse übergegangen sind. Beispiel: Der
Arbeitnehmer wird während einer Erkrankung fristlos gekündigt, weil er
angeblich die Arbeitsunfähigkeit vortäuscht. Er bekommt sofort Krankengeld.
In einem Prozess vor dem Arbeitsgericht möchten sich die Parteien einigen.
1. Variante: Entgeltfortzahlung bis zur ordentlichen Kündigungsfrist
- Krankengeldanspruch ruht gem. § 49 Abs. 1 Ziff. 1 SGB V, aber nur
bei tatsächlicher Zahlung.
- Sofern bereits Krankengeld gezahlt wurde, geht der Entgeltanspruch
gem. § 115 SGB X auf die Krankenkasse über.
- Es gelten die §§ 399 ff. BGB. Arbeitgeber kann nur bei Unwissenheit
mit befreiender Wirkung an den Arbeitnehmer leisten (§ 407 BGB), es
genügt schon die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich der
Anspruchsübergang ergibt.
Vorsicht auf Seiten des Arbeitgebers geboten
2. Variante: Fristgemäße Beendigung ohne Vergütung mit
Abfindung
Abfindung als Arbeitsentgelt?
Unterschied unechte Abfindung = verstecktes Arbeitsentgelt oder echte Abfindung = als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Unechte Abfindung führt zum Ruhen des Krankengeldanspruchs.
BSG, Urteil vom 25.10.1990
Vereinbaren die Parteien des arbeitsgerichtlichen Verfahrens im Rahmen des Vergleichs ausdrücklich eine Zweckbestimmung der vom Arbeitgeber zu leistenden Zahlung – als Entschädigung „für den Verlust des Arbeitsplatzes“ – um damit zu erreichen, dass für die Restdauer des Arbeitsverhältnisses keine „Vergütungsansprüche“ mehr zustehen, etwa um eine Bewertung der Zahlung als Arbeitsentgelt zu vermeiden, so macht dies die fragliche Leistung nicht zu einer „echten“ Abfindung. Diese Abreden verstoßen, soweit sie die Zweckbestimmung der vereinbarten Abschlusszahlung betreffen, gegen § 32 SGB I.
Für die Beurteilung einer „Abfindung“ als Arbeitsentgelt spricht,
wenn ein verständiger Grund für die Gewährung einer Entschädigung
für den Verlust des Arbeitsplatzes – jedenfalls in einer vereinbarten
Höhe nicht zu erkennen ist.
An die Behandlung der Zahlung als Abfindung durch das Arbeitsamt ist die Krankenkasse als Einzugsstelle nicht gebunden.
3. Variante: Fristlose Beendigung mit
Abfindung
- Schwierigster Fall beim Krankengeld!
- Keine unechte Abfindung weil keine Vergütung mehr geschuldet und deswegen
keine Abgeltung von verbleibenden Lohnansprüchen
- Deswegen auch kein Anspruchsübergang von Lohnansprüchen nach § 115 SGB X,
weil keine mehr geschuldet sind
- Vielleicht aber auch hier unwirksamer Verzicht, wobei Gestaltungsspielräume im
Rahmen des § 32 SGB I, § 242 BGB allgemein anerkannt sind:
- Letztlich Frage des Einzelfalls, warum fristlose Beendigung:
– Psychische Belastung des Prozesses etc.
– oder „austricksen“ der Sozialversicherungsträger?
Gesetzliche Unfallversicherung
SGB VII
Versicherter Personenkreis
Der Kreis der Versicherten besteht aus den kraft Gesetzes (§ 2), Satzung (§ 3)
oder freiwillig (§ 6) versicherten Personen. Das sind u.a. Arbeitnehmer (§ 2
Abs. 1 Nr. 1) und arbeitnehmerähnliche Personen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6),
Unternehmer und unternehmerähnliche Personen sowie mitarbeitende
Ehegatten, Lebenspartner (§ 2 Abs. 1 Nr. 7), Schüler und Studierende (§ 2 Abs.
1 Nr. 8 Buchst b und c).
Arbeitsunfälle
Gem. § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von
Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3
oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper
einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder
zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII).
Berufskrankheiten
Berufskrankheitenliste
Leistungen
– Verletztengeld
– Übergangsgeld
– Verletztenrente
Zivilrechtliche Bedeutung
§ 104 SGB VII
Schwerbehindertenrecht
SGB IX
Rechte schwerbehinderter Menschen
- Behindertengerechte Beschäftigung (§ 81)
- Anspruch auf Freikündigung?
- Freistellung von Mehrarbeit
- Zusatzurlaub
- BEM (auch bei nichtbehinderten Menschen)
Sonderkündigungsschutz
- Offenkundige Schwerbehinderung
- Nichtoffenkundige Schwerbehinderung
- Gleichstellung
Frage nach der
Schwerbehinderung
- Im bestehenden Arbeitsverhältnis
- Bei Einstellung