Maximal zulässige Arbeitstage in Folge
EuGH-Urteil zur Grenze maximal zulässiger Arbeitstage in Folge
In der Entscheidung Maio Marques da Rosa setzte sich der EuGH mit Urteil v. 9.11.2017 2017, C-306/16 mit der Frage auseinander, innerhalb welches Arbeitszeitraums Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf einen Ruhetag haben.
Der Kläger war in Portugal zwischen 1991 und 2014 in einem Casino beschäftigt, welches täglich von nachmittags bis zum folgenden Morgen geöffnet war. Dabei arbeitet er teilweise sieben aufeinanderfolgende Tage ohne einen Ruhetag. Das vorlegende portugiesische Gericht fragte hierauf, ob Art. 31 GRCh und Art. 5 I der Arbeitszeit-RL 2003/88/EG dahin auszulegen sind, dass die kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden, auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch haben, spätestens an dem auf einen Zeitraum von sechs aufeinanderfolgenden Arbeitstagen folgenden Tag zu gewähren ist.
Der EuGH entschied, dass sich aus den Richtlinien ergebe, dass allen Beschäftigten in den Mitgliedstaaten während eines Siebentageszeitraums eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden (zuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden) zur Verfügung stehen muss. Es sei aber nicht festgelegt, zu welchem Zeitpunkt diese Mindestruhezeit zu gewähren ist.
Der Unionsgesetzgeber verwende den Begriff „pro Siebentageszeitraum“ des Art. 5 der RL 2003/88/EG systematisch in mehreren Bestimmungen der RL im Zusammenhang mit dem Begriff des „Bezugszeitraums“. So bestimmt Art. 16 Buchst. a RL 2003/88/EG, dass die Mitgliedstaaten für die Anwendung von Art. 5 der Richtlinie einen Bezugszeitraum von bis zu 14 Tagen vorsehen können. Ein Bezugszeitraum könne in diesem Zusammenhang als ein fester Zeitraum definiert werden, innerhalb dessen eine bestimmte Anzahl aufeinanderfolgender Ruhestunden zu gewähren ist, unabhängig vom Zeitpunkt, zu dem diese Ruhestunden gewährt werden. Ziel der Arbeitszeit-Richtlinie ist zwar, die Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirksam zu schützen. Daher müssen ihnen angemessene Ruhezeiten zur Verfügung stehen. Nur hinsichtlich der Festsetzung des Zeitpunkts, zu dem diese Mindestruhezeit zu gewähren ist, räume die Richtlinie den Mitgliedstaaten ein gewisses Ermessen ein. Diese Auslegung kann nach Ansicht des EuGH auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugute kommen, da ihnen so auch am Ende eines und am Anfang des darauf folgenden Bezugszeitraums mehrere aufeinanderfolgende Ruhetage gewährt werden können.
Im Ergebnis können also Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im für sie ungünstigsten Fall dazu verpflichtet werden, durchgehend bis zu zwölf Tage zu arbeiten.
Da das ArbZG der Umsetzung der Richtlinie 2003/88/EG dient, hat die Entscheidung des EuGH auch für das deutsche Recht Bedeutung. Gleichwohl besteht in Deutschland das Verbot der Sonntagsarbeit (§ 1 Nr. 2 und § 9 ArbZG). Damit ist ein wesentlicher Fixpunkt für den 24-Stundenzeitraum innerhalb des Siebentageszeitraums nach Art. 5 der Richtlinie 2003/88/EG gegeben. Somit stellt sich in vielen Bereichen auch gar nicht die Frage, ob auf der Grundlage der Entscheidung 12 Tage „durchgearbeitet“ werden muss.
Problematisch wird es jedoch in den Arbeitsbereichen die nach § 10 ArbZG von dem Verbot der Sonntagsarbeit ausgenommen sind. § 10 enthält nunmehr einen Katalog von 16 Ausnahmetatbeständen, die weite Teile des Wirtschaftslebens abdecken. Hier könnte das Urteil eine negative Signalwirkung haben. Denn nach § 11 Abs. 3 ArbZG muss der Ausgleichstag innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen gewährt werden.
Was die Anwendung der Norm in der Praxis angeht, ist darauf hinzuweisen, dass § 11 Abs. 3 ArbZG kein Flexibilisierungsinstrument ist. Die Norm dient in erster Linie dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer aus öffentlichem Interesse. Der Arbeitnehmer soll mindestens einen Ruhetag pro Sieben-Tage-Zeitraum haben (BAG, Urteil vom 13. 7. 2006 – 6 AZR 55/06, NZA 2007, 273).