Kündigung wegen Schlechterfüllung der übertragenen Arbeitsaufgabe
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat sich in seinem Urteil vom 15.09.2011 mit den Leistungsanforderungen, die vom Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer gestellt werden können, auseinandergesetzt und dabei den Kündigungsmöglichkeiten des Arbeitgebers recht enge Grenzen gesetzt.
Das Gericht definiert zunächst den Begriff Arbeitsverhalten, mit dem man Bemühungen des Arbeitnehmers umschreibt, seine Arbeitspflicht, wie sie durch die Weisungslage entstanden ist, ordnungsgemäß zu erfüllen. Defizite bei der Erfüllung der Arbeitspflicht, insbesondere das Abweichen von Arbeitgeberanweisungen, kann im Regelfall eine Kündigung – oder gar eine außerordentliche Kündigung – nicht rechtfertigen. Denn der Mensch ist keine Maschine; dass er Fehler macht, ist sozusagen unausweichlich. Der Arbeitgeber, der mit Hilfe von Arbeitnehmern seine betrieblichen Zwecke erreichen will, muss die Organisation seines Betriebs auf diese Gegebenheiten einstellen. Verstöße gegen Arbeitgeberanweisungen bezüglich der gewünschten Art und Weise der Erfüllung der Arbeitspflicht haben demnach nur dann eine kündigungsrechtliche Relevanz, wenn sich in der Verfehlung mehr ausdrückt als nur die typisch menschliche und nahezu unvermeidbare Fehlverhaltensquote. Diese besondere Qualifikation des Fehlverhaltens kann darin liegen, dass es trotz einer vorausgegangenen Abmahnung nicht zeitnah abgestellt wird. Die besondere Qualifikation des Fehlverhaltens kann aber auch in einem Vorsatz bei dem Regelverstoß zum Ausdruck kommen.
Letztlich können alle Umstände herangezogen werden, die erkennbar Einfluss auf die Bewertung des Fehlverhaltens haben, namentlich hat es eine Bedeutung, ob durch die Weisung, gegen die verstoßen wird, erkennbar wichtige Rechte oder Rechtsgüter oder wenigstens erkennbar wichtige sonstige Interessen des Arbeitgebers geschützt werden sollen. Auch kann berücksichtigt werden, ob es schwer oder einfach ist, sich den Regeln zu unterwerfen.
Der Arbeitgeber kann dabei nicht ohne weiteres auf mehrere einzelne Verstöße abstellen und diese zu einem größeren Pflichtverstoß „zusammenstellen“. „Dazu ist zunächst festzuhalten, dass es im Kündigungsrecht nicht möglich ist, eine größere Menge kleinerer Fehlverhaltensweisen zusammenzuzählen, um dann von einem schweren Fehlverhalten ausgehen zu können. Die Gesamtschau mehrerer Ereignisse hat nur dann eine kündigungsrechtliche Bedeutung, wenn sie geeignet ist, neue Einsichten in die Art und das Ausmaß des Fehlverhaltens zu gewinnen. Das Gericht sieht sich aber nicht in der Lage, aus der Gesamtschau der Einzelvorfälle hier neue Feststellungen zu gewinnen“.
Es bleibt also weiterhin ein fast aussichtsloses Unterfangen, mit der Begründung der mangelnden Performance (=Arbeitsleistung) dem „low Performer“ („Schlechtleister“ oder „Schlechterfüller“) zu kündigen.
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 15. 9. 2011 − 5 Sa 53/11, NZA-RR 2012, 246.