Totmanntaste – Berliner Taxi Urteil
LAG Berlin-Brandenburg (26. Kammer), Urteil vom 30.08.2018 – 26 Sa 1151/17
Im „Berliner-Taxi-Urteil – sollte der Kläger, ein Taxi-Fahrer, alle 3 Minuten auf eine Taste an seinem im Fahrzeug befindlichen Taxameter drücken (sog. „Totmannstaste“), um damit seine Anwesenheit am Arbeitsplatz, also im Fahrzeug, zu dokumentieren. Drückte er nicht, wurde die Zeit als unbezahlte Pause registriert. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht hielten das für rechtswidrig und argumentierten u.a. wie folgt:
Schon unabhängig von datenschutzrechtlichen Erwägungen war die Weisung an den Kläger, alle drei Minuten seine Anwesenheit im Fahrzeug zu bestätigen, unverhältnismäßig. Dazu hätte der Kläger sich praktisch ständig im Fahrzeug aufhalten müssen. Gerade das war auch durch die Beklagte bezweckt. Er hätte jede auch noch so kurz Tätigkeit außerhalb des Fahrzeugs, die über drei Minuten hinausging bei der Beklagten anzeigen müssen, um sie als Arbeitszeit angerechnet zu bekommen. Dabei kann unterstellt werden, dass die Beklagte entsprechend verfahren wäre, wenn der Kläger eine Begründung für das Aussteigen aus dem Fahrzeug mitgeteilt hätte. Das durch die Beklagte praktizierte System machte es zB. notwendig, dass der Kläger sich für jeden Toilettengang hätte abmelden müssen.
Eine derartige umfassende Kontrolle und die damit verbundene Einschränkung der Bewegungsfreiheit ist durch die damit verfolgten Interessen der Beklagten nicht legitimiert. Insoweit ist es insbesondere nicht ausreichend, wenn die Beklagte auf eine aus ihrer Sicht ansonsten fehlende Kontrollmöglichkeit hinweist (vgl. dazu BAG 21. Dezember 2016 – 5 AZR 362/16, Rn. 25) und auf ihre Aufzeichnungs- und Rechtfertigungspflichten gegenüber den Behörden. …
Im Übrigen ist das Arbeitsgericht aber auch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die mit der Bedienung des Kontrollgeräts verbundene Datenerfassung unverhältnismäßig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Fahrer eingreift. Die Datenerhebung durch die auferlegte dreiminütige Bedienung der Bestätigungseinrichtung griff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung ein. Der Kläger hat in die Maßnahme nicht eingewilligt. Der Eingriff war nicht aufgrund überwiegender Interessen der Beklagten nach § 32 Abs. 1 BDSG aF. gerechtfertigt. Ebenso lagen keine weiteren, über das schlichte Kontrollinteresse der Beklagten hinausgehenden Aspekte vor, die Kontrolldichte als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten.