Änderungskündigung
BAG, Urteil vom 19.07.2012 – 2 AZR 25/11, BeckRS 2012, 72246
1. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage gem. § 4 Satz 2 KSchG ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen.
2. Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gem. § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und stellen keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ i.S.v. §§ 2 Satz 1, 4 Satz 2 KSchG dar. Eine Änderungskündigung ist in einem solchen Fall „überflüssig“ und eine Änderungsschutzklage unbegründet, weil der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert wird. (Orientierungssätze des Gerichts).
U.a. zum Streitgegenstand führt das BAG aus:
„[19] a) Nach § 4 Satz 2 KSchG ist eine Änderungsschutzklage auf die Feststellung zu richten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei „sozial ungerechtfertigt“ oder sei „aus einem anderen Grund rechtsunwirksam“. Auf eine außerordentliche Änderungskündigung ist § 4 Satz 2 KSchG trotz des einschränkenden Wortlauts von § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG entsprechend anzuwenden (BAG 28. Oktober 2010 – 2 AZR 688/09 – Rn. 12,AP KSchG 1969 § 2 Nr. 148 = EzA KSchG § 2 Nr. 80). Eine solche Feststellung können die Gerichte nicht treffen, wenn das mit der Kündigung verbundene „Änderungsangebot“ gar nicht auf eine Änderung der bestehenden Vertragsbedingungen gerichtet ist, sondern die bereits bestehenden Vertragsbedingungen inhaltlich nur wiederholt. Das ist der Fall, wenn die in ihm vorgesehenen „neuen“ Bedingungen vom Arbeitgeber schon durch Ausübung des Direktionsrechts durchgesetzt werden können (BAG 26. Januar 2012 – 2 AZR 102/11 – Rn. 12; 29. September 2011 – 2 AZR 617/10 -Rn. 14; ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14). Voraussetzung für die Begründetheit einer Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG ist, dass die Parteien über die Berechtigung einer Änderung ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarungen streiten. Das Fehlen der sozialen Rechtfertigung einer Änderung der Arbeitsbedingungen oder deren Unwirksamkeit aus anderen Gründen kann nicht festgestellt werden, wenn der Vertrag der Parteien in Wirklichkeit nicht geändert werden soll. Das gilt auch für eine außerordentliche Änderungskündigung, insbesondere für eine außerordentliche Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist, die der ordentlichen Änderungskündigung in den Rechtsfolgen angenähert ist (BAG 29. September 2011 – 2 AZR 617/10 Rn. 14).
[20] b) Hat der Arbeitnehmer – wie hier – das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur noch über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 26. Januar 2012 – 2 AZR 102/11 -Rn. 13; 26. August 2008 – 1 AZR 353/07 – Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 =EzA KSchG § 2 Nr. 72).
Hierzu heißt es schon in der Entscheidung vom 26. Januar 2012, NZA 2012, 856:
[13]a) Hat der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 S. 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen (BAGE 134, 154 = NZA 2010, 1235 Rdnr. 19). Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG, NZA-RR 2009, 300 = AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72 Rdnr. 17). Die Regelung in § 8 KSchG spricht nicht gegen dieses Verständnis. Danach gilt zwar „die Änderungskündigung“ als von Anfang an rechtsunwirksam, wenn das Gericht festgestellt hat, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist. Da aber schon die Annahme des Angebots unter Vorbehalt die Beendigungswirkung der Kündigung beseitigt, ist § 8 KSchG so zu verstehen, dass nur die unter Vorbehalt akzeptierte Änderung der Arbeitsbedingungen von Beginn an entfällt. Streitgegenstand der Klage nach § 4 S. 2 KSchG ist deshalb die Wirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen, nicht die der Kündigung.